JEAN PETERS POLITIK VON UNTEN
: Buddhismus ist nix für Hippies!

Die Wurzeln buddhistisch-meditativen Lebens bieten den Nährboden für den politischen Umsturz

Die Überschneidungen buddhistischer und linksradikaler Kultur sind überwältigend. So überwältigend und offensichtlich, dass nur kollektive Gehirnknoten die Ursache dafür sein können, dass die Kunst der Meditation sich im Westen in unpolitischen Kulturbeulen zeitgenössischen Neohippizismus abgelagert hat. Was wollten diese Hippies, die mit verlorenem Blick Patschuli auf ihre Hanfkleidung schmieren? Sie haben das Om genauso missinterpretiert wie die neue Managerriege, die in ihren Co-Working-Space einen Meditationsraum zur Effizienzsteigerung bauen.

Wenn schon Effizienz- und Leistungssteigerung, dann bitte in Aktionen zivilen Ungehorsams! Und die militante Aktivistin ist im Grunde die westliche Antwort auf den fernöstlichen Buddhismus in seiner reinsten Form. Deren Fusion bietet die Chance zum gesellschaftlichen Umsturz!

Beide setzen sich hin und bewegen sich nicht vom Fleck. Beide wiederholen Mantras, sei es „Om“ oder „Haut ab, haut ab!“, beide sind der vegetarischen Kultur nahe, und gäbe es keine Neonazis, würde ich die Frisur der Straight-Edge-Bewegung als klare Freundschaftsgeste gen Osten verstehen. Hätten wir einen buddhistischen Mönch nach Gorleben zur Castor-Blockade geschickt, er hätte sich auf den Schienen pudelwohl gefühlt.

Doch wir sollten auch noch voneinander lernen können. Die gute Buddhistin hat vor Schmerzen keine Angst. Die gute militante Aktivistin schaut dem Killer-Cop entspannt in die Augen. Beide kennen den Schmerz, der sie irgendwann überwältigt. Beide wissen, dass er vergänglich ist. Ich meine das fernab von masochistischen Borderline-Spielereien. Nein, ihre Beharrlichkeit ist eine bewusste Entscheidung, mit festem Willen und gesunder Überzeugung. Wir, die militanten Buddhisten, wir wissen, was wir tun. Reine Übungssache, langjährige Erfahrung.

Und noch was: Wir wissen auch ganz genau, dass absurder Blödsinn die Würze eines gesunden Alltags ist. Manche Ausprägungen des Buddhismus erzeugen angenehm sinnfreie Rituale. Sie schwenken Feuer um kleine Statuen und Bilder, sie ziehen sich lustige Klamotten an, womit sie auf der Straße auffallen, sie reden in einer Sprache, die keiner versteht. Mit einer Inbrunst und Überzeugung erzählen sie dir von einer Logik, die dahintersteckt, die ich sonst nur von Dadaisten kenne. Diese Buddadaisten sind die Avantgarde für eine Intervention in unseren Alltag. Würdevoll und absurd müssen wir das Grau von der Straße schlecken. Wir wollen kreative, dadaistische Straßenblockaden.

Und dann, wenn die Bullen uns in Gewahrsam stecken, genießen wir die Ruhe der Meditationszelle, schließen wir die Augen und machen ein Ömchen.

Der Autor ist Clown und politischer Aktivist Foto: S. Noire