Syriens Opposition bleibt auf der Straße

SYRIEN Wieder demonstrieren tausende Syrer in verschiedenen Städten des Landes gegen das Regime von Präsident Assad. Über 11.000 Menschen sind vor dem anrückenden Militär in die Türkei geflohen

AMMAN/GÜVECCI rtr | Trotz einer massiven Militäroffensive haben in Syrien erneut zehntausende Bürger gegen die Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad demonstriert. Nach Berichten von Menschenrechtsaktivisten und Augenzeugen kam es nach den Freitagsgebeten wieder in mehreren Städten zu Massenprotesten. Dabei sollen Sicherheitskräfte mindestens einen Demonstranten in der Stadt Kiswa nahe der Hauptstadt Damaskus erschossen haben. Unterdessen ebbt der Flüchtlingsstrom in die Türkei nicht ab. Die EU verschärfte zudem ihre Sanktionen gegen die syrische Führung und verhängte dabei auch Strafmaßnahmen gegen drei ranghohe Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde, die das Vorgehen der syrischen Führung aktiv unterstützt haben sollen. Außerdem fordert die EU weiterhin eine Verurteilung Syriens durch den Sicherheitsrat.

In einem Vorort von Damaskus seien mehrere tausend Demonstranten nach dem Mittagsgebet auf die Straße gezogen und hätten in Sprechchören den Rücktritt Assads gefordert, berichtete ein Anwohner der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon. Einige hätten gerufen: „Zeigt der Welt, dass Baschar keine Legitimität mehr hat.“ Die Parolen waren im Hintergrund zu hören. Da die Behörden fast alle ausländischen Korrespondenten ausgewiesen haben, ist eine Überprüfung der Berichte schwierig.

Auch in den zentral gelegenen Städten Homs und Hama demonstrierten erneut tausende Regierungskritiker gegen Assad, wie Anwohner berichteten. Auch in Deraa im Süden, wo die Proteste vor drei Monaten ihren Ursprung genommen hatten, seien die Menschen wieder auf die Straße gezogen. Auf Schildern und Plakaten hätten die Demonstranten unter anderem Assads Angebot abgelehnt, mit der Opposition in einen Dialog zu treten und über die Rahmenbedingungen für Reformen zu beraten. Ähnliche Proteste habe es in Städten an der Küste gegeben. Auch im Osten des Landes an der Grenze zum Irak hätten zahlreiche Bürger gegen Assad demonstriert.

Die Militäroffensive gegen die Protestbewegung treibt immer mehr Syrer in die Türkei. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete, flüchteten mehr als 1.500 Menschen aus dem Nachbarland auf türkisches Gebiet. Die meisten Neuankömmlinge hätten zunächst auf syrischer Seite in provisorischen Lagern ausgeharrt und seien dann vor der anrückenden Armee geflohen. Die Lager wirkten nach Beobachtungen von Reuters-Journalisten am Freitag verlassen. Nach Angaben der Provinzregierung sind mittlerweile mehr als 11.700 Menschen in die Türkei geflohen. Seit Beginn der Erhebung gegen Präsident Assad im März hat sich das türkisch-syrische Verhältnis abgekühlt.