Thaksin-Partei wird aufgelöst

Thailands Verfassungsrichter bescheinigen der Ex-Regierungspartei Wahlbetrug

BANGKOK taz ■ Bleich und mit steinernem Gesicht rief Chaturon Chaisaeng, Vorsitzende der Partei „Thais lieben Thais“ (TRT), seine Anhänger gestern auf, Ruhe zu bewahren. Nach einer Mammutsitzung hatte in der Nacht zuvor Thailands Verfassungsgericht die Partei des vom Militär im vergangenen September gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra des Wahlbetrugs für schuldig befunden und ihre Auflösung angeordnet. Außerdem verboten sie 111 führenden Politikern, unter ihnen auch Thaksin, in den nächsten fünf Jahren ein politisches Amt auszuüben. Die TRT-Rivalin „Demokratische Partei“ hingegen war von allen Anschuldigungen des Wahlbetrugs freigesprochen worden.

Ex-Premier und TRT-Gründer Thaksin Shinawatra entschuldigte sich gestern aus seinem Londoner Exil bei seinen Gefolgsleuten für die Auflösung und sagte zugleich: „Wir müssen die Spielregeln akzeptieren.“ Viele mutmaßten, der militärgeführte „Rat für Nationale Sicherheit“ habe beim Gericht interveniert. Sie quittierten das Urteil mit Tränen und Fassungslosigkeit.

Beobachter schätzen, dass das Urteil die Kluft zwischen Thaksin-Gegnern und dessen Anhängern noch verschärfen wird. Die „Thai Rak Thai“-Partei ist mit 14 Millionen Mitgliedern die größte Partei Thailands. Sie ist auf dem Land und unter den ärmeren Bevölkerungsschichten populär. Thaksin hatte sich dort mit Hilfsprogrammen beliebt gemacht. Die Armen, so der Politikexperte Thitinan Pongsudhirak, fühlten sich nun als „vernachlässigte Wählerschaft“ gedemütigt und drohten mit Protesten. Der Militärrat, der das Land seit dem Putsch im September kontrolliert, hat aus Sorge vor Protesten gegen das Urteil in Bangkok mehr als 10.000 zusätzliche Sicherheitskräfte bereitgestellt und angekündigt, bei gewalttätigen Auseinandersetzungen den Notstand zu verhängen.

Das nach dem Putsch von den Militärs angekündigte Vorhaben, Parteien bei Fehlverhalten führender Mitglieder ganz aufzulösen, anstatt die schuldigen Einzelpersonen zu bestrafen, sei von vornherein umstritten gewesen, so der Rechtsexperte der Thammasat-Universität in Bangkok, Prinya Thaewanarumitkul, zur taz. Das Militär unter General Sonthi Boonyaratkalin war angetreten, mit dem von Korruption und Machtmissbrauch zersetzten „System Thaksin“ aufzuräumen. „Doch der Putsch hat unserer Demokratie sehr geschadet“, so Prinya. Nur durch Wahlen könne Thailand zurück zur Demokratie. Wie diese aussehen könnte, kann derzeit niemand prognostizieren: Angesichts der Beliebtheit der ehemaligen TRT ist zweifelhaft, ob die „Demokratische Partei“ die für Mitte Dezember angekündigten Wahlen gewinnen kann. NICOLA GLASS