Klamme Lage in den Kiezbüchereien

BIBLIOTHEKEN Senat muss sein Engagement für die öffentlichen Bibliotheken verstärken, fordern Initiativen

Alle reden vom Neubau der Berliner Zentral- und Landesbibliothek (ZLB). Alle reden von der frisch renovierten Amerika-Gedenkbibliothek (AGB). Wir nicht!, sagen die Mitglieder des Arbeitskreises Berliner Stadtteilbibliotheken und die des Arbeitskreises Kritische Bibliothek – Initiativen, die sich für das Bibliothekswesen in der Stadt engagieren.

In einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und seinen Kulturstaatssekretär Tim Renner (beide SPD) haben am Dienstag die Initiativen und Bibliothekare erneut „auf die dramatische Lage an den öffentlichen Büchereien und Bibliotheken“ aufmerksam gemacht. Den bezirklichen Einrichtungen fehlten das dringend benötigte Geld sowie Personal. „Weiteren Stadtteilbibliotheken in Berlin droht in diesem oder im nächsten Jahr das Aus“, wie Frauke Mahrt-Thomsen, Vorstand im Arbeitskreis der Stadtteilbibliotheken, kritisiert. Der Senat müsse reagieren, „um die weitere Erosion des Berliner Bibliothekswesens zu beenden“.

In der Tat sieht die Lage der Kiez- und Stadtteilbibliotheken nicht rosig aus: Seit dem Beginn der 1990er Jahre hat sich die Zahl der Bibliotheken in den Bezirken von 274 auf heute knapp 80 reduziert. Sparauflagen, Rationalisierungen und die Stellenstreichung beim Personal um bis zu ein Drittel sowie die Mittelzuwendungen ausschließlich aus dem jeweiligen Bezirkshaushalt sorgten für einen Niedergang. Umgekehrt hat das Land Berlin neue Mittelpunkt- und große Stadtbibliotheken gebaut, wie die Bibliotheken „Ingeborg Drewitz“ (Steglitz) oder „Mark Twain“ (Hellersdorf), und mit modernen Medien aufgeforstet.

Doch den Bibliothekaren, zuständigen Bezirksräten und den Initiativen reicht das nicht. Insbesonders fordert Mahrt-Thomsen jetzt vom Senat, dass er sich den bezirklichen Institutionen genauso zuwendet wie dem großen ZLB-Projekt. Das Land trage „die übergreifende Verantwortung für die Weiterentwicklung der Bibliotheken“, der Senat müsse den Bezirksbüchereien wieder „Impulse in Form von Geld“ zuschießen, so Mahrt-Thomsen. Zudem müssten der seit 1995 in der Schublade liegende „Bibliotheksentwicklungsplan“ und ein „Berliner Bibliotheksgesetz mit Finanzierungsverpflichtungen des Landes und der Bezirke in Angriff genommen werden“. Nur so sei die mediale Bildungslandschaft zu erhalten.

Unterstützung erhalten die Initiativen von den Grünen: Diese fordern von Renner ein „Gesamtberliner Bibliothekskonzept“. ROLA