Bunte Truppe besetzt Bombodrom

Rund 500 G-8-Kritiker besetzen das Bombodrom in Brandenburg. Auf dem Bundeswehr-Übungsplatz könne man Militarismus „aktiv verhindern“, so die Initiatoren. Polizei lässt die Protestler passieren

VON KONRAD LITSCHKO

Es sollte der letzte Stimmungstest vor der heutigen Großdemonstration in Rostock werden und der erste mit internationaler Beteiligung: Zum Auftakt der G-8-Proteste haben rund 500 Globalisierungsgegner gestern Teile des Bundeswehr-Übungsplatzes „Bombodrom“ in der Kyritz-Ruppiner Heide in Nordbrandenburg besetzt. Heute wollen die Teilnehmer zur Großdemonstration gegen den G-8-Gipfel nach Rostock weiterfahren.

Mit pinkfarbenen Hüten und Luftballons zogen die Demonstranten in zwei Protestmärschen auf das Gelände. Unter ihnen befanden sich auch Mitglieder der Euromärsche aus Frankreich und der Fahrradkarawanen aus den Beneluxstaaten, Skandinavien und Ungarn. Als der Demozug überraschend auf das Militärgelände bog, ließ die Polizei die Menschen passieren.

Schnell wurde ein verfallener Kommandoturm in Beschlag genommen und pink angemalt. Mit Pink-Panther-Bannern und PACE-Flaggen kraxelten die Demonstranten auf den Turm. Davor wurden Bongotrommeln, Flöten und Zelte ausgepackt. Es sollte ein weniger autonomer als vielmehr bunter und kreativer Auftakt der G-8-Proteste werden.

„So haben wir uns das vorgestellt“, sagte Sonja Schubert, die Sprecherin des Organisationsbündnisses „No War – No G8“. Zusammen mit Castorgegnern, Autonomen, Kirchgängern und Pazifisten hatte das Bündnis den Protestzug seit vergangenem September geplant. „Das ist eine bewusste Aktion des zivilen Ungehorsams, mit der wir ausdrücken wollen, dass es uns ernst ist“, so Schubert. „G 8 hat zu hundert Prozent auch mit Krieg zu tun.“ Auf dem Truppenübungsplatz habe man die Chance, Militarismus aktiv zu verhindern.

Von den Adressaten des Protests, der Bundeswehr, war gestern nicht viel zu sehen. Vereinzelte Feldjäger und Jeeps fuhren am Rande der Besetzung auf – um unter dem Applaus der Besetzer wieder abzuziehen. Vorsorglich hatte die Bundeswehr allerdings das Militärgelände bis heute gesperrt. Auf Seite der Protestierenden wurde vor den noch auf dem Gelände befindlichen Blindgängern gewarnt. Keine Wege verlassen, kein Feuer, keine Munitionsreste anfassen, warnten sie die Besetzer.

Ganze 14.000 Quadratmeter, ein Sechstel Berlins, beträgt das Areal, auf dem die Bundeswehr jährlich rund 1.700 Kampfübungen und 8.500 Tiefflüge üben will. Seit 1994 tobt ein Rechtsstreit mit den Anwohnern, die sich naturverbundenen Tourismus statt Schießübungen wünschen. Über hundert Protestmärsche hat die Bürgerinitiative Freie Heide bisher gegen die Pläne der Bundeswehr organisiert.

Vom gestrigen Protest hielten sich die ortsansässigen Bombodrom-Gegner jedoch fern. „Das Problem wird nicht mit einer Eintagsfliege gelöst“, kritisierte Freie Heide-Sprecher Benedikt Schirge. Nur mit kontinuierlichem Protest lasse sich der Übungsplatz verhindern. Auch Schubert und ihre Mitstreiter wollen sich über den G-8-Protest hinaus gegen Militarismus einsetzen. Heute morgen werden sie erst mal gemeinsam nach Rostock aufbrechen.

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