Datenschutz
: Gefährliche Sorglosigkeit

Völlig zu Recht kritisieren die Gewerkschaften GEW und Verdi zusammen mit ihrer Dachorganisation DGB den fehlenden Datenschutz im öffentlichen Dienst. Denn geht es nach der Landesregierung, bekommen Dienstvorgesetzte künftig Zugriff auf die so genannten Beihilfeakten der Beamten, aus denen hervorgeht, welchen Kauf von Medikamenten die öffentliche Hand bezuschusst hat. Ein Schulleiter etwa könnte also spekulieren, an welchen Krankheiten welche seiner Lehrer leiden – und die als wenig belastbar eingestuften Kollegen auch völlig ungerechtfertigt nicht nur bei Beförderungen übergehen.

KOMMENTAR VON ANDREAS WYPUTTA

Dabei ist das Beispiel des öffentlichen Dienstes symptomatisch für den fahrlässig leichtsinnigen Umgang mit persönlichen Daten, der seit Jahren immer stärker in Mode gekommen ist. Nicht nur der schwarz-gelben Landesregierung ist der Datenschutz lästig: Für ein paar Prozent Rabatt verwandeln sich Millionen Verbraucher per „Payback“-Karte in gläserne Konsumenten – warum Konzerne wissen wollen, wer wo welche Lebensmittel kauft, wie viel tankt oder wohin fährt, interessiert viele kaum noch.

Doch diese Sorglosigkeit ist gefährlich. Der gläserne Bürger wird nicht nur unaufgefordert mit Werbung überflutet, wird nicht nur in seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit durchschaubar. Wenn nun auch noch die Gefahr besteht, dass intimste Daten wie etwa Krankenakten – auch durch die Einführung einer elektronischen „Gesundheitskarte“ – Unbefugten zur Verfügung stehen, steht einer Auswahl von belastbaren und weniger belastbaren Arbeitnehmern nichts mehr im Weg. Berufschancen vermeintlich Kranker dürften dann gegen Null tendieren. Völlig richtig also, dass zumindest die Gewerkschaften das Thema informationelle Selbstbestimmung wieder auf die Tagesordnung setzen. Die Politik sollte nachziehen, die Bürgerrechtsbewegungen erst recht.