Querschnittthema Migration

Aktionstag Rassismus: Asyl- und Einwanderungspolitik sind kein Thema beim G-8-Treffen. Dabei hat Migration mit Armut, Welthandel, Klimaschutz – kurz: allem – zu tun

Die Stimmung ist gespannt an diesem Morgen vor der Rostocker Ausländerbehörde. Rund 2.000 Protestierende versammeln sich vor dem schmucklosen Plattenbau. Angekündigt ist eine Besetzung. Daher zeigt die Polizei starke Präsenz.

Dann beginnen die Mitglieder der Initiative No Lager, auf mitgebrachten Regentonnen und Blechbüchsen zu trommeln. Der Beginn eines bunten Festes mit dem sperrigen Namen „Aktionstag Migration“. Die Demonstranten fordern, Abschiebeverfahren generell zu stoppen. Auf manchen Transparenten steht „Bleiberecht für alle“. Redner fordern den Zwang für Asylbewerber aufzuheben, sich an einem bestimmten Ort zu melden, von dem sie dann nicht ohne Weiteres verreisen können.

Was das mit dem G-8-Treffen in Heiligendamm zu tun hat? Migration ist kein offizielles Thema der acht Staats- und Regierungschefs beim Gipfel. „Das hat sehr viel miteinander zu tun“, erklärt Pedram Shayar, Migrationsexperte aus dem Koordinierungskreis von Attac. „Klimaschutz steht ganz oben auf dem Programm des Treffens, Afrika auch.“ Doch bisher täten die reichen Länder zu wenig gegen den Klimawandel, dessen Folgen vor allem den Süden träfen. „Damit schaffen vor allem die G-8-Länder die Ursachen für neue Flüchtlingsströme“, sagt Shayar. Ein zweiter Grund für die Flucht aus afrikanischen Ländern sei die Freihandelspolitik, die die G 8 massiv unterstützten, sagt Shayar. „Dadurch verlieren viele Menschen ihre Arbeit und müssen woanders nach einer Lebensgrundlage suchen.“

Auch vor einem Lidl-Supermarkt in Lütten Klein wurde gestern protestiert. Ein Sprecher der Lidl-Kampagne der Gewerkschaft Ver.di erklärt, wie der Konzern seine Angestellten ausbeutet. Und ein Kollege aus Spanien berichtet über die miesen Arbeitsbedingungen im Süden des Landes, wo Tomaten unter anderem für deutsche Supermärkte angebaut werden. Nur durch die Illegalität der emigrierten Arbeiter könne diese Ausbeutung funktionieren.

Auch Evelyn Bahn vom Inkota-Netzwerk erklärt: „Nur ein gerechter Welthandel kann verhindern, dass Menschen in die Migration gezwungen werden.“ Als Beispiel nennt die 27-Jährige die Exportsubventionen, durch die Afrika mit „Getreide und Hähnchenresten“ überschwemmt wird – mit der Folge, dass die ansässigen Bauern in den Ruin getrieben werden. Die G 8 hätten die Macht, diese Zustände zu ändern, so Bahn. Und natürlich verschaffe der Gipfel auch Aufmerksamkeit für Anliegen, die normalerweise zu wenig Beachtung fänden.

THORBEN IBS, DANIEL SCHULZ