Die Mischung muss stimmen

Mit seinem „Remix Club Berlin“ will Thomas Bayee weiße und schwarze Berliner zusammenbringen. An Engagement mangelt es ihm nicht – aber an Unterstützung

Eigentlich ist Thomas Bayee ein Wunder. Seit sechs Jahren lebt der junge Mann aus Kamerun nun in Berlin – nicht viel Zeit für einen, der aus einer ziemlich anderen Welt kommt und, wie er sagt, nie die Idee hatte, nach Europa auszuwandern. Ein Bekannter, „ein Mann der Kirche“, fügt Bayee hinzu, hat ihn dann doch hergeschickt: „Er dachte, ich hätte hier ein besseres Leben“, sagt der heute 33-Jährige.

Das Deutsche kommt ihm noch schwer über die Lippen, schwerer als Englisch oder Französisch. Ein besseres Leben? Hat das geklappt? Vielleicht zu 50 Prozent, sagt Bayee nach einigem Nachdenken. Doch gerne hätte er ein wenig mehr Erfolg mit dem, was er tut. Thomas Bayee ist Motor, Kopf und Herz eines von ihm erfundenen Integrationsprojektes: Remix Club Berlin heißt es und soll weiße und schwarze, aber auch schwarze und schwarze Berliner zusammenbringen – mixen eben.

„Echten Austausch gibt es selten“

Denn die Mischung stimmt nicht, findet Bayee. Zwar sei das Interesse der weißen Berliner an Afrika und afrikanischer Kultur groß, doch einen echten Austausch, Zusammenarbeit gar gebe es selten. Noch mehr mangele es daran allerdings unter den aus Afrika stammenden Berlinern. „Sie kommen aus verschiedenen Ländern, sprechen unterschiedliche Sprachen und bleiben am liebsten unter sich“, klagt Bayee. Das zu ändern, findet er wichtig: „Ich habe von Anfang an so viele Afrikaner hier kennengelernt. Und alle, ohne Ausnahme alle, haben Probleme. Ich habe gedacht, das gibt es doch nicht, wie kann das sein?“

Und so gründete Bayee seinen Verein. Zu dessen Namen, erzählt er, habe ihn ein Buch von Malcolm X inspiriert, das er damals gerade las. „Der schrieb, es könne keine Einheit geben zwischen Weißen und Schwarzen.“ Und Bayee dachte sich: Das wollen wir doch mal sehen.

Nun sitzt er in dem langen schmalen Raum eines Ladenlokals in der Neuköllner Jonasstraße. Die Tische und Stühle im Raum sind Geschenke des Senats, ausgemustertes Büromobiliar. Auch die Limonade im Kühlschrank ist eine Spende, ebenso wie die fünf Computer, die derzeit kaum jemand nutzt. Denn auch die Lehrer für Computer- und Sprachkurse, die sein Remix-Projekt früher anbot, kann Bayee derzeit nicht bezahlen. Nach einer kleinen Anschubförderung vom Senat ist die öffentliche Unterstützung für sein Projekt versiegt. Er ist auf private Spenden angewiesen. Die Miete für die Räume zahlt Bayee von seinem Arbeitslosengeld.

„Ich kann den Leuten, die herkommen, zurzeit nicht mehr anbieten als einen Ort, wo sie sich treffen, ausruhen und über ihre Probleme reden können“, sagt Bayee. Manchmal kocht er auch für seine Besucher – auf eigene Kosten. Wer Beratung braucht, den schickt er zu anderen Beratungsstellen. Aber eigentlich, sagt Bayee, bräuchten die Afrikaner hier eigene Beratungsstellen. „Mit dem Leben hier klarzukommen, ist ungeheurer Stress für sie.“ Zumal viele in ungesicherten Aufenthaltsverhältnissen leben. Das heißt auch: Sie haben keine Ansprüche auf Deutsch- oder Integrationskurse.

„Das wäre sogar für Afrika gut“

Die würde Bayee ihnen gerne anbieten. Aber dafür braucht er Unterstützung. Beim Karneval der Kulturen hat er mit einem Stand für seine Ideen geworben, im Dezember soll es außerdem ein Benefizkonzert für den Verein in der Werkstatt der Kulturen geben. „Ich will nicht aufgeben“, sagt Thomas Bayee. Er will sein Wunder vollbringen – denn wenn es den Afrikanern gelingen könnte, hier wirklich zu leben, zu arbeiten, zusammenzuwachsen und auch ein Teil der Berliner Bevölkerung zu werden, dann, meint er, wäre allen geholfen: „Das wäre sogar für Afrika gut.“

ALKE WIERTH