Hamsterrad statt Karriereleiter

SELBSTSTÄNDIGKEIT Seit 1998 steht die Existenzgründungsinitiative „B.E.G.IN“ Selbständigen und Gründungswilligen aus Bremen und Bremerhaven unterstützend zur Seite

In Bremen gibt es jährlich 3.500 Gründungen – und fast ebenso viele Unternehmensschließungen

VON ANDREAS SCHNELL

„Es sieht nur von innen aus wie eine Karriereleiter“, sagte Silke Meiners. Sie betreibt ein Kosmetikstudio in Bremen und ist Teilnehmerin einer Talkrunde beim Gründungstag der Bremer Existenzgründungsinitiative „B.E.G.IN“. Angefühlt habe es sich nämlich eher wie ein Hamsterrad, als sie 2006 ihr Unternehmen gründete, das mittlerweile immerhin vier MitarbeiterInnen hat.

Eine Existenzgründung kann also eine anstrengende Angelegenheit sein. Aber Anstrengung allein genügt eben auch nicht. Das Programm des Gründungstags, der seit 1998 regelmäßig in Bremen stattfindet, bietet deshalb mehr als Gespräche mit Menschen, die „es“ geschafft haben: Vorträge über Körpersprache und Rhetorik, rechtliche Tipps und Referate wie das des Werbers Norman Breitling, der neben eher unspektakulären Weisheiten wie „Seien Sie sympathisch und offen“ auch Interessantes über die oft überbewertete Wirkmächtigkeit sozialer Medien zu berichten weiß. Eine gute Homepage sei viel wichtiger. Und natürlich eine gute Idee.

So berichtete er beim jüngsten Gründungstag von einem Unternehmen, das Taschen aus ausgemustertem Segeltuch herstellt, die in der Justizvollzugsanstalt Vechta von inhaftierten Frauen genäht werden, jede Tasche ein Unikat, „supercool, supergut, superinteressant“. Indes: Beispiele für erfolgreiche Gründungen lassen sich natürlich immer finden.

Denn dass es viele scheiternde Unternehmungen gibt, belegt die Statistik. Christian Vetter vom Bremer Senator für Wirtschaft weiß zu berichten, dass es in Bremen jährlich rund 3.500 Gründungen gibt – und nahezu ebenso viele Unternehmensschließungen. Rückläufig sei die Zahl der Vollerwerbsgründungen. Dieser Trend bedeutet zwar nicht, dass sämtliche Gründungen binnen Jahresfrist wieder schließen. Dennoch will dieser Schritt gut überlegt sein.

Eine Reihe von kostenlosen Kurz-Checks auf dem Gründungstag deuten an, was GründerInnen falsch machen können: Der Businessplan, die Website, die Versicherung, die IT-Sicherheit, der Markenschutz – Profis überprüfen, wie es bei den JungunternehmerInnen darum steht. Wobei natürlich nicht jeder der über 800 BesucherInnen, mehr übrigens als im Vorjahr, schon einen Businessplan in der Tasche hat – viele orientieren sich noch. Auch bereits Selbstständige können noch etwas lernen: Dass es zum Beispiel auch für FreiberuflerInnen die Möglichkeit gibt, in die Arbeitslosenversicherung einzusteigen, mag nicht mehr ganz neu sein, ist aber auch nicht allen bekannt.

55 AusstellerInnen waren beim diesjährigen Gründungstag dabei, darunter Institutionen wie die örtliche Sparkasse, die Bundesagentur für Arbeit, die Künstlersozialkasse und die BAB, die Förderbank für Bremen und Bremerhaven. Auch belladonna, das Bremer Kultur-, Kommunikations- und Bildungszentrum für Frauen, das regelmäßig Coachings für junge Unternehmerinnen anbietet, verschiedene Versicherungen, die Steuerberaterkammer und Coaching- und Werbeagenturen waren vertreten.

Die Bremer Existenzgründungs-Initiative berät aber nicht nur einmal im Jahr: Sie bietet Vorträge, Seminare und Workshops an, so zum Beispiel einmal wöchentlich das Orientierungsseminar „Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit“ im Berufsinformationszentrum Bremen oder einen Info-Abend für Gründerinnen in der VHS Bremerhaven. Für akute Fragen rund ums Thema Selbständigkeit hat B.E.G.IN für Bremen und auch für Bremerhaven telefonische Hotlines eingerichtet, die sich genauso wie zahlreiche Infos auf der Website www.begin24.de finden.