Hustende Städte

LUFT-VERFAHREN

Matthias Pätzold hat noch Träume: „Ich erwarte, dass der Senat wirklich alles dafür tut, um die Schadstoffwerte zu senken“, sagt der 46-Jährige aus Hamburg. Weil aber die Stadt das nicht freiwillig tut, hat er sie verklagt. Am Mittwoch beginnt vor dem Verwaltungsgericht die Verhandlung darüber, ob Hamburg schärfere Maßnahmen zur Luftreinhaltung ergreifen muss. Unterstützt wird Pätzold von Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation BUND. Der hat viele Ideen für bessere Luft: „Höhere Parkgebühren, Umweltzone, City-Maut.“

Weil aber Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) all das für Teufelszeug hält, kommt dem Verfahren nun Pilotcharakter zu. Was das Hamburger Gericht entscheidet, dürfte Vorbild werden für andere belastete Städte im Norden, ob Hannover, Osnabrück, Braunschweig oder Lübeck. Denn es geht darum, wie Europarecht auszulegen ist.

Die EU hatte Anfang 2013 einen im September 2012 vorgelegten Hamburger Luftreinhalteplan für wirkungslos erklärt. Viele Schadstoffkonzentrationen lägen „weiterhin über dem zulässigen Wert“, heißt es in dem Schreiben an die Stadt.

Für saubere Atemluft gilt in der EU seit 2013 ein Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid (NO2) pro Kubikmeter Atemluft. An Hamburger Messstellen wird er kontinuierlich überschritten, 67 bis 74 Mikrogramm sind die Regel. In einem internen Papier räumte die Umweltbehörde ein, eine Verbesserung sei „mit sehr einschneidenden verkehrsbeschränkenden Maßnahmen möglich“ – ohne sie zu ergreifen.

Nach Angaben des BUND sind in Hamburg rund 220.000 Menschen einer zu hohen NO2-Belastung ausgesetzt. Die Kläger wollen nun einen wirkungsvollen Luftreinhalteplan erstreiten – gern auch „verkehrsbeschränkende Maßnahmen“.  SMV