Das Pendel schwingt westwärts

C/O IM AMERIKA HAUS

C/O Berlin ist über jeden Verdacht eines Westberliner Stallgeruchs erhaben

Der Westen kommt – diesmal aber wirklich! Wer am Donnerstag der Eröffnung von C/O Berlin im Amerika Haus an der Hardenbergstraße beiwohnte, hatte tatsächlich das Gefühl, an einem Glamour-Event teilzunehmen. Große Fotografen von Weltrang zum Anfassen nah, ein Schaubühnen-Star als DJ, die Beauftragte für Kultur und Medien als Gratulantin: das hatte doch eine andere Qualität als all die Veranstaltungen, die in den letzten Jahren den Wiederaufstieg der City West beweisen sollten.

Bisher waren es Hotels wie das schnieke Waldorf Astoria oder Shoppingcenter wie das Bikini Berlin, die euphorisch vom Regierenden Bürgermeister und irgendwelchen Gewerbetreibendenvereinigungen als neue Impulsgeber für die Gegend um Zoo und Kurfürstendamm präsentiert wurden. Gähn.

Diesmal aber, mit dem Umzug des renommierten Fotohauses an die Rückseite des Zoos, könnte es was werden. Denn mit C/O Berlin könnte die kritische Masse an Kulturorten erreicht sein, die vonnöten ist, um das alte Herz von Westberlin wieder im Takt der Großstadt schlagen zu lassen.

Ganz tot war die City West natürlich nie. Es gab und gibt die Paris Bar, die Schaubühne, das Haus der Berliner Festspiele. Es gab und gibt weiterhin die Fotogalerie Camera Work, das Museum für Fotografie der Helmut Newton Stiftung, den Deutschen Werkbund und die Universität der Künste. Aber jetzt hat die Gegend, neben all diesen alteingesessenen Institutionen, noch einen neuen Stern, der über jeden Verdacht eines Altwestberliner Stallgeruchs erhaben ist. Wenn die C/O-Macher sagen, dass das 1957 erbaute Amerika Haus ihre neue große Liebe sei, ist das nicht nur Koketterie: Das frisch sanierte Denkmal des US-amerikanischen Freiheitsversprechens steht jetzt wieder für zeitgenössische Offenheit.

Ausgerechnet hier, im alten Westen, fand Berlins renommiertestes Haus für Fotografie eine Bleibe – nachdem in Mitte die jahrelange Suche ergebnislos war. Das Zentrum Ost ist nahezu durchsaniert, es ist schick, teuer, aber auch behäbig geworden. Die viel gepriesenen Leerstellen, die Freiräume und subkulturellen Provisorien der Nachwendezeit sind endgültig Geschichte. Viel spricht dafür, dass das Pendel der öffentlichen Aufmerksamkeit jetzt wieder dorthin zurückschlägt, wo es noch möglich ist, zu glänzen und Dinge anzuschieben: zum lange vernachlässigten Westen. NINA APIN