Regentropfen deluxe

Premiumwasser steht bei Hipstern bald hoch im Kurs, bei den Smashing Pumpkins jetzt schon auf der Bühne

Die Gesundheitshysterie hat eine der letzten Bastionen hedonistischer Selbstzerstörung erreicht. No smoking, no drinking, no flash – Ruhe und Nüchternheit wurden beim geheimen Intimkonzert der Smashing Pumpkins in der Zitadelle Spandau am Vorabend der ausverkauften Columbiahallenshow eingefordert.

In weißen Hemden und weißen Hosen war die Band absolut state-of-the-art. Hinter der Absperrung zum Backstage-Bereich, einst das Tor zu einer enthemmteren Welt, vermeintliche Schleuse zu durchrockten Nächten und Drogen, scheinen nun, geschützt durch die trainierten Rücken der Security, die schallgedämpften Flure eines blütenreinen Wellness-Spas zu liegen.

Beflügelt wird diese ätherische Fantasie von einem zu großen Flakon, den Sänger Billy Corgan mit auf die Bühne bringt. Das vermeintliche Beauty-Accessoire wird nach der Erstbenutzung als Wasserflasche im Zuge späterer Recherche als artesisches Quellwasser aus norwegischem Gletschereis identifiziert.

Artesisch? Gespanntes Grundwasser, das selbstständig aus einer Quelle fließt, verrät das Internet. Gespannt? Schon versickert das rudimentäre Wellnesslatein im mit Mineralien angereicherten Fahrwasser der Trendgetränke-Industrie. Gemein ist den Highendwassern ihr aufwendiges Design.

Im Fall des norwegischen Quellwassers ist es Calvin Klein, der für die preisgekrönte Verpackung Pate steht. Ein Trendgetränk aus Tennessee, dessen Literpreis mit 60 Euro dem eines Spitzenweines, nun ja, durchaus das Wasser reicht, ist in satiniertes Glas gewandet und mit Svarovskisteinen besetzt. Jedoch, das exklusive Drumherum scheint den Preis nicht zu verursachen, denn 0,25 Euro Einwegpfand sind auch bei diesem Produkt inklusive.

Forscht man nach der Essenz der edlen Getränke, so stößt man auf Kurioses und Schwachsinniges: Ozonbehandlung, ultraviolette Bestrahlung, Import von den Fiji-Inseln, ein Modewasser aus Australien soll aus 7.800 Tropfen Regenwasser gewonnen worden sein. Dass Wasser auch in Europa und Amerika knapp und kostbar wird, ist absehbar. Ein Gefühl von Exklusivität beim täglichen Wasserkonsum garantieren diese Getränke bereits vorab. Als neues Szenegetränk für Konzertgänger werden sie sich kaum durchsetzen, denn vor dem breitschultrigen Typen am Eingang, der die mitgebrachten Getränke konfisziert, bleibt jede Flasche gleich. CHRISTINE KÄPPELER