Hilfsbischof schafft es nach ganz oben

ERNENNUNG Der Konservative und Opus-Dei-Anhänger Rainer Maria Woelki wird neuer Erzbischof in Berlin. Homosexualität soll er als Verstoß gegen die „Schöpfungsordnung“ bezeichnet haben

BERLIN taz | In der deutschen Presse hatte ihn niemand im Notizblock: Der Kölner Weihbischof Rainer Maria Woelki wird der neue Erzbischof von Berlin.

Das ist eine echte Überraschung. Denn der 54-jährige Geistliche, eine Art Hilfsbischof im Rheinland, ist ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Vor allem zwei Aspekte im Werdegang des neuen Erzbischofs an der Spree lassen jedoch aufhorchen: seine Jahre als Sekretär des Kölner Erzbischofs, Joachim Kardinal Meisner. Und seine Promotion an der päpstlichen Opus-Dei-Universität vom Heiligen Kreuz in Rom. Dass Woelki noch heute diesem extrem konservativen Priester- und Laienbund in der Kirche sehr nahe steht, ist allen Fachleuten am Rhein klar. Ein formelles Mitglied scheint er aber nicht zu sein. In der Regel verschweigen die Angehörigen dieser extrem traditionalistischen Strömung in der Kirche ihre Mitgliedschaft.

Alles spricht demnach für eine rückwärtsgewandte Ausrichtung von Woelkis Denken. Aller Voraussicht nach aber wird mit der Wahl Woelkis der reaktionäre Flügel des deutschen Katholizismus erneut gestärkt. Denn der Berliner Erzbischof wird der Tradition zufolge wie sonst nur noch in Köln und München nach einer Weile Kardinal und rückt so in den kleinen Club der Papstwähler auf.

Woelki wurde in Köln-Mülheim geboren und hat eine blitzblanke Kirchenkarriere hingelegt. Interessant sind seine Zeit als Direktor des Collegium Albertinum, des Studienhauses der Priesterkandidaten für das Erzbistum Köln, und das Thema seiner Dissertation, die er an der Opus-Dei-Universität sehr schnell abschloss: Es ging um die Pfarrei. Manche leiten daraus besondere seelsorgerliche Fähigkeiten Woelkis ab.

Fast wortgleich wird er von mehreren Gewährsleuten aus dem Kölner Erzbistum als „Ziehsohn“ oder gar „Vertrauter“ Meisners bezeichnet. Immerhin, Woelki hat den Ruf, „bisher bescheiden“ zu sein, wie es ein Insider in Köln sagt, der ungenannt bleiben möchte.

Christian Weisner, einer der Sprecher der Basisbewegung „Wir sind Kirche“, meint, es werde interessant sein zu sehen, wie Woelki sich in Berlin zurechtfinden werde, wo der christliche Glaube, vor allem der Katholizismus klar in der Minderheit sei.

Gespannt sein darf man auch, wie Woelki mit Berlins Regierendem Bürgermeister und bekennenden Schwulen Klaus Wowereit zurechtkommen wird. Wie der Spiegel im April berichtet hatte, hatte Woelki im Auftrag Meisners die Diakonatsweihe eines katholischen Mannes verhindert, weil der vor Jahren in einem Aufklärungsbuch einmal Homosexualität verteidigt hatte. Woelki soll gesagt haben: „Das verstößt aber gegen die Schöpfungsordnung.“ PHILIPP GESSLER