Dünn: die Afrika-Zusagen

In einer eigenen Erklärung zu Afrika legt der Gipfel ein Großprogramm für Aids auf, aber festlegen will er sich dabei genauso wenig wie bei der weiteren Umsetzung der Hilfsversprechen von Gleneagles

AUS BERLIN DOMINIC JOHNSON

So viel Geld stand noch in keiner Afrika-Erklärung eines G-8-Gipfels. „Mindestens“ 60 Milliarden Dollar wollen die G-8-Staaten aufbringen, um allgemeinen Zugang zu medizinischer Grundversorgung und die effektive Bekämpfung von Aids zu erreichen.

Wann dieses Geld fließen soll, von wem und wofür genau, steht da allerdings nicht. Die 60 Milliarden entspringen ursprünglich einem Vorschlag der US-Regierung, ihre Finanzierung von Aidsbekämpfung in den nächsten fünf Jahren um 30 Milliarden Dollar auszubauen. Jetzt sollen die anderen sieben G-8-Länder offenbar noch einmal 30 Milliarden drauflegen.

„Es klingt toll, aber es ist nicht spezifisch für Afrika bestimmt, es ist eine Gesamtsumme und es gibt keinen Zeitplan“, erklärt Rocksänger Bono, der sich während des Gipfels jeden Tag mehr aufregt. „Dieses Gipfeldokument ist in keiner Sprache lesbar. Sie nennen es ein Kommuniqué, aber es kommuniziert die Fakten nicht. Denken die, wir können nicht lesen und zählen? Wir suchen belastbare Sprache und belastbare Zahlen, aber die haben wir heute nicht bekommen.“

Nicht alle sind so kritisch. Der Globale Aidsfonds der UNO, um dessen Stärkung es den G-8-Staaten ebenfalls geht – wenngleich wieder ohne zeitliche und finanzielle Festlegungen –, sieht Lichtblicke. „Die Bestätigung der G-8-Führer, dass der Globale Fonds 6 bis 8 Milliarden Dollar im Jahr braucht – dreimal so viel wie heute –, ist eine sehr gute Nachricht. Alle Geberländer können bei der Finanzierungskonferenz, die Kanzlerin Merkel im September durchführen wird, ihre Beiträge anmelden.“

Was die Konkretisierung der Zusagen des G-8-Gipfels von Gleneagles 2005 angeht, die Hilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln, bleibt die Erklärung von Heiligendamm im Unverbindlichen stecken. Man ist „fest entschlossen“, diese Verpflichtungen umzusetzen, und „wir erkennen, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um unseren früheren Verpflichtungen nachzukommen“. Bei der schlichten Erkenntnis bleibt es allerdings offenbar auch. Eine in einem früheren Entwurf der Abschlusserklärung vorhandene Passage, wonach die OECD vor dem nächsten G-8-Gipfel 2008 über die Umsetzung der Ziele von Gleneagles Bericht erstatten soll, wird jetzt durch die viel allgemeinere Formulierung ersetzt, man habe ohnehin „regelmäßig die Gelegenheit“, die Zusagen für Entwicklungshilfe „auf den neuesten Stand zu bringen“.

In vielen Bereichen scheint Deutschland, unterstützt vor allem von Großbritannien, Inhalte gerettet zu haben. Ein Beispiel ist die Zusage einer verstärkten Finanzierung des Grundschulausbaus in Afrika über die Weltbankinitiative FTI (Fast Track Initiative). Maßnahmen gegen illegalen Waffen- und Rohstoffhandel bleiben erhalten, die einst von manchen Ländern vorgesehene Förderung von Atomkraft in Afrika fällt hingegen heraus. Diese viele kleinen Erfolge können jedoch nicht verbergen, dass ein mit Gleneagles vergleichbarer großer Wurf für Afrika in Heiligendamm ausgeblieben ist.