Wattenscheider Pleite

Nach dem Abstieg: Morgen entscheidet sich die Zukunft des ehemaligen Bundesligisten Wattenscheid 09

BOCHUM taz ■ Wenigstens die Jugend sollte es richten für die SG Wattenscheid. Doch eine Woche nachdem die erste Mannschaft des ehemaligen Fußball-Bundesligisten in die fünftklassige Verbandsliga abgestiegen war, verabschiedete sich gestern auch noch die A-Jugend in die Bedeutungslosigkeit. Gegen Rot-Weiß Ahlen unterlagen die Nachwuchskicker mit 3:6, zudem blieb die Schützenhilfe des VfL Bochum gegen Rot-Weiss Essen aus. Die Jugend des großen Stadtrivalen verlor 2:3. Die Wattenscheider Talent-Schmiede aus der aktuelle Bundesligakicker wie Yildiray Bastürk oder die Altintops hervorgingen macht demnächst nur noch Kurzarbeit.

Eine außerordentlichen Jahreshauptversammlung soll morgen über die Zukunft des Gesamtvereins entscheiden. Auf dem Programm stehen der Bericht des Vorstandes um den Vorsitzenden Rüdiger Knaup und Anträge der Mitglieder, die entscheiden müssen, ob und wie es weitergeht. Aufrufe an die regionale Politik und Wirtschaft um Unterstützung blieben ohne den gewünschten Erfolg. Sportlich zumindest stellt Knaup seine Maximalforderung: „Ich gehe davon aus, dass wir mit zwei Mannschaften in der Verbandsliga antreten werden. Eine davon als reine U 21-Mannschaft.“

Genauso solle es mit den 20 Jugendteams und der Frauenmannschaft in der 1. Bundesliga weiter gehen. Die erste Damenmannschaft hat in der abgelaufenen Saison als einzige den Wattenscheider Zyklus durchbrochen. „Wir sind auf jeden Fall ab dem 1. Juli Bundesligist“, sagt Abteilungsleiter Hans Peter Argreiter, „fragt sich nur wie wir dann heißen“. Im Falle einer Insolvenz des Großvereins sei neben der Umbenennung sogar eine Abspaltung der Frauenabteilung denkbar.

Dass der eventuelle Leichenschmaus ausgerechnet am 78. Geburtstag des ehemaligen Mäzens und Vereinsvorsitzenden Klaus Steilmann stattfinden muss, sorgt für einen bittersüßlichen Beigeschmack. Nachdem der ehemalige Modemacher im Jahr 1999 Geld und know how aus dem Verein herauszog, begann der langsame Abstieg des Klubs. Während das Umfeld noch davon träumte vielleicht doch noch irgendwann an Bundesligazeiten (1990-94) anknüpfen zu können, die erste Mannschaft zwischen zweiter und dritter Liga pendelte und die Zuschauerzahlen auf Oberliganiveau schrumpften, war Steilmann damit beschäftigt, seine schwächelnde Modefirma zu sanieren.

Gestern sprach er im regional erscheinenden Reviersport angesichts der dramatischen Situation von einer „Niederlage“ für den Verein und fragte anschließend: „Wo sind die Millionen geblieben?“ Eine Antwort darauf wird er morgen kaum erfahren.

HOLGER PAULER