Massiver Wahlbetrug auf den Philippinen

Zehn Tage nach der Wahl stehen die Ergebnisse immer noch nicht fest. In der Provinz Mindanao wird die Abstimmung wegen der Fälschungen annulliert. Im Senat verliert Präsidentin Arroyo die Mehrheit, im Kongress kann sie zulegen

MANILA taz ■ Die Nationalflaggen sind bereits seit Tagen gehisst in der philippinischen Hauptstadt Manila, denn der Inselstaat zelebriert am heutigen Montag die 1898 von den Spaniern erreichte Unabhängigkeit. Doch zum Feiern aufgelegt sind die wenigsten Bewohner des südostasiatischen Landes. Zu offensichtlich sind die Wahlen vom 14. Mai in einem Sumpf aus Betrug, Bedrohungen und Bestechung stecken geblieben.

War der Wahlkampf bereits vom Tod von knapp 150 Menschen überschattet und der Urnengang vielerorts eine Farce, dauert nun das Auszählen der Stimmen peinlich lange. Zwar konnte die Wahlkommission „Comelec“ (Comission on Election) die neuen Bürgermeister und Kongressabgeordneten etwa zehn Tage nach der Wahl benennen, doch steht das endgültige Ergebnis für die zu vergebenden 12 von insgesamt 24 Senatsposten noch immer nicht fest. In einer Art Befreiungsschlag hat das Comelec am vergangenen Mittwoch dennoch die ersten zehn Senatoren vereidigt. Ihr Stimmenvorsprung sei so groß, dass sie von ihren Konkurrenten auf den hinteren Rängen nicht mehr eingeholt werden könnten, so die Wahlkommission. Die Aspiranten für die Plätze 11 und 12 müssen indes weiter bangen.

Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo kann diese letzte Schlacht egal sein, denn den Kampf um die Mehrheit im Senat hat sie verloren. Von den bereits vereidigten zehn Senatoren gehören sechs zum Oppositionslager, zwei sind unabhängige Kandidaten. Besonders ärgerlich für Arroyo ist die Wahl von zwei militanten Gegnern, die ihre Kandidatur vom Knast aus einreichten. Gringo Honasan, der seit zwei Jahrzehnten die philippinische Politik als Putschist aufmischt, darf dies nun ganz offiziell tun. Antonio Trillanes, der 2003 einer der Führer des „Oakwood-Aufstands“ war, hat als Nummer elf beste Chancen auf einen Sitz im Oberhaus. Vom Knast in den Senat – eine philippinische Blitzkarriere.

Im Kongress hingegen hat der Arroyo-Block seine Mehrheit ausbauen können. Ein wichtiger Sieg für die Präsidentin, denn nun hat ein erneutes Amtsenthebungsverfahren wegen Wahlbetrugs im Jahr 2004 keine Chancen mehr. Dass auch bei diesen Wahlen massiv Stimmen gekauft und gefälscht wurden, ist kein Geheimnis. „Betrogen wird bei Wahlen auf den Philippinen immer. Es fragt sich nur, mit welchen Mitteln und in welchem Ausmaß“, hieß es jüngst in einem Kommentar der Tageszeitung Philippine Daily Inquirer.

Drastische Wahlfälschungen gab es in Maguindano, einer Provinz der Krisenregion Mindanao. Dort gewannen die Senatorenkandidaten des Arroyo-Lagers alle zwölf Sitze. Und: 19 Vertreter der Opposition gewannen in der rund 370.000 Wähler starken Provinz keine einzige Stimme. Wie sich herausstellte, wurden die Wahlbeamten, zumeist Lehrer und Regierungsbeamte, unter massivem Druck zum Fälschen oder Ausfüllen von Blanko-Wahlpapieren gezwungen. Inzwischen wurde die Abstimmung in Maguindanao für ungültig erklärt.

Präsidentin Arroyo hat in Verkennung der Sachlage die Wahlen als „Demonstration unserer politischen Stabilität“ bewertet. Doch stabil ist allenfalls der politische Stillstand durch die verhärteten Mehrheitsverhältnisse in Senat und Kongress. Die Folge: Gesetze werden zwischen den Häusern hin und her geschoben, es wird weiter gekämpft und blockiert statt mit Verstand gestaltet. Im Kongress verloren sich bei den letzten Sitzungen dieser Legislaturperiode in der vergangenen Woche so wenige Abgeordnete, dass über wichtige Gesetze nicht mehr abgestimmt werden konnte. HILJA MÜLLER