Heimspiel für George W. Bush in Tirana

Beim seinem Besuch in Albanien wird der US-Präsident von Tausenden bejubelt. In der Hauptstadt Tirana lobt Bush seine Gastgeber und verspricht dabei, die umstrittene Provinz Kosovo werde am Ende ein unabhängiger Staat sein

AUS SARAJEVO ERICH RATHFELDER

In Albanien hatte George Bush bei seinem Besuch am Sonntag ein leichtes Spiel. Hier hatte er keine Gegendemonstranten wie in Italien oder anderswo in Westeuropa zu erwarten. Im Gegenteil jubelten ihm zehntausende von Menschen bei dem ersten Besuch eines amerikanischen Präsidenten in Albanien zu.

Die Masse schwenkte amerikanische und albanische Flaggen. Und die Hauptstadt Tirana hat zu Ehren des Präsidenten sogar eine Straße nach ihm benannt. Die albanische Bevölkerung sieht in den USA traditionell ihren wichtigsten Verbündeten. Als Ende des 19. Jahrhunderts die Erbmasse des osmanisch-türkischen Reiches von den europäischen Mächten verteilt wurde, gingen die Albaner leer aus. Allein die USA unterstützten damals die albanische Nationalbewegung. Das haben die Albaner nie vergessen.

Diese Grundhaltung überdauerte sogar die über 40 Jahre währende kommunistische Diktatur nach 1945. Und wurde erneuert, als die USA in den 90er-Jahren im Kosovokonflikt mit Serbien zur treibenden proalbanischen Kraft wurden. Im Gegenzug entsandte Albanien Truppen in den Irak und nach Afghanistan. „Die Albaner können auf die USA vertrauen, wie wir auf Albanien vertrauen können“, erklärte ein sichtlich entspannter George Bush auf der Pressekonferenz mit dem albanischen Premierminister Sali Berisha. Er lobte die Anstrengungen der Gastgeber, Albanien in die Marktwirtschaft zu führen und den demokratischen Prozess voranzutreiben.

Bush unterstützte den Wunsch des Landes, bald als Vollmitglied in die Nato aufgenommen zu werden. Endlich ging er auch auf den Kosovokonflikt ein. Darauf hatten vor allem unzählige Albaner gewartet, die aus dem Kosovo ins Nachbarland gekommen waren. Denn die Nachricht vom G-8-Gipfel, die Entscheidung des Weltsicherheitsrats über den Ahtisaari-Plan werde angesichts des Widerstands Russlands um ein halbes Jahr verschoben, hatte die albanische Bevölkerungsmehrheit des Kosovo irritiert und enttäuscht. Bush griff diese Stimmung auf. Er habe dem Präsidenten Putin eine faire und offene Zusammenarbeit in der Frage der von den USA in Osteuropa geplanten Abwehrraketen vorgeschlagen. Seine Außenministerin und er würden Putins Besuch in den USA im Juli nutzen, um sowohl bei den Raketen wie in der Kosovofrage weiterzukommen. Und dann erklärte er: Selbst bei einem diplomatischen Scheitern werde am „Ende des Prozesses die staatliche Unabhängigkeit des Kosovo“ stehen.

In Prishtina, der Hauptstadt des Kosovo, wo die Pressekonferenz aus Tirana im Fernsehen übertragen wurde, klatschten die Besucher der Cafés spontan Beifall. Bushs Rede schaffte Erleichterung. „Sie gibt uns immerhin die Hoffnung, aus dieser miserablen Lage heraus zu kommen. Jeden Tag werden die Menschen ärmer, die Wirtschaft kann sich doch nicht entwickeln, so lange der Status des Kosovo unklar bleibt“, erklärte ein vom Fernsehen befragter Bürger. In Serbien wurden die Worte Bushs mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Hier heißt der Held Wladimir Putin. Premierminister Vojislav Koštunica war am Samstag nach Moskau gereist, um Putin für seine feste Haltung in der Kosovofrage zu gratulieren. Russland habe sich als großer Freund erwiesen, erklärte er, Serbien werde keiner irgend wie gearteten Unabhängigkeit Kosovos zustimmen. „Es bleibt also abzuwarten, wie der diplomatische Prozess in den nächsten Monaten verläuft“, meint der ehemalige Premier des Kosovo, Bujar Bukoshi. Es stelle sich die Frage, was tatsächlich passieren werde, wenn Putin trotz allen Drucks bei seiner Position bliebe.