Der schwarze Baron und die innere Maus

Friedrich Merz wäre der perfekte Chef der Kohlestiftung. Weil ihn keiner mag, würde der Laden laufen

Absurd. Abwegig. Ach was. Friedrich Merz als Vorsitzender der neuen Kohlestiftung? Niemals, hieß es gestern aus der CDU. Man brauche einen, der sich als Kanonenfutter hergebe und sich von der SPD demontieren lasse, bevor man den wirklichen Kandidaten aus dem Hut ziehe. Diesen genialischen Plan soll Wirtschaftsminister Michael Glos ausgetüftelt haben. Also keine Chance für Merz, tatsächlich Verweser der ruhmreich untergehenden deutschen Steinkohlegeschichte zu werden? Gemach. Wer die Debatte um die Kohlestiftung in den vergangenen Wochen verfolgt hat, der weiß, dass ein Dementi eher adelt denn schadet – und dass Friedrich Merz der einzig logische Kandidat ist. Da kann er noch tausendmal sagen, dass er nicht auf der Suche nach einem neuen Job sei.

Denn: Wenn die Schwarzen nicht den Roten (also der Jürgen Rüttgers den Werner Müller) und die Roten keinen echten Schwarzen wollen, dann liegt nichts näher, als sich auf jemanden zu einigen, den niemand leiden kann. Also der Egomane Merz, der es sich wie kein anderer Politiker mit allen Lagern verscherzt hat. Niemand würde bei seiner Berufung übervorteilt. Und der Laden würde schon laufen.

Was sich Bundeskanzlerin Angela Merkel von der Merz-Lösung versprechen könnte, hat der große Poet Janosch in seinem unterschätzten und doch wegweisenden Werk „Schimanzki oder die Kraft der inneren Maus“ illustriert: Der Mauser Schimanzki muss die drei Ganoven (laut Janosch: „Hundsfötte“) Moses Zwo, Maschinski und Wandersmann Schröder aus dem Wilden Westen ins Gefängnis nach Washington bringen. Weil die Reise lang und die Bewachung schwierig ist, versteckt er Spielwürfel und einen Geldschein in ihrem Nachtlager. Vom nächsten Morgen an prügeln sich die Drei – und Schimanzki hat Ruhe. Bestimmt hat Angie kürzlich von ihrem Mann die Gutenachtgeschichte vorgelesen bekommen. Und ein Merz bei der Kohlestiftung macht nicht so schnell den Lafontaine und schockt mit einer neuen Partei.

Natürlich sprechen noch andere Gründe für Merz. Der von Rüttgers gefürchtete Nebenkönig an der Ruhr im Stile von Berthold Beitz wird der nämlich nie. Er ist zu jung, zu lang, zu dünn, zu uncool, zu sauerländisch, dazu ein Mofa-Angeber, Bierdeckel-Missbraucher, Kulturbanause, kurz: Ruhrpottfaktor null. Merz bringt also genau die richtige Mischung aus Prominenz und fehlendem Charisma mit, die sich der furchtsame Ministerpräsident wünscht.

Und die Strategen der Sozen? Denken wahrscheinlich daran, dass Merz bei der RAG auf der Payroll steht und die Satzung der Stiftung unter sozialdemokratischer Aufsicht einem sozialdemokratischen Vorsitzenden auf den Leib geschneidert hat. Und wenn es schief läuft, können sie sich an den Mauser Schimanzki halten: Der ertränkt seinen Kummer nach der Ankunft in Washington in Eierlikör. Das hat wenigstens Stil. KLAUS JANSEN