Linssen drosselt Tempo beim Sparen

Der NRW-Finanzminister peilt für das Jahr 2008 die niedrigste Neuverschuldung seit 30 Jahren an – und hat trotzdem schon ehrgeiziger gespart. Trotz 1,2 Milliarden Euro Steuerplus sinkt die Kreditaufnahme nur um 350 Millionen Euro

DÜSSELDORF taz ■ Das Land Nordrhein-Westfalen wird im kommenden Jahr 1,99 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Das sieht der Haushaltsentwurf für 2008 vor, den Finanzminister Helmut Linssen (CDU) gestern in Düsseldorf vorgestellt hat. „Das ist die niedrigste Neuverschuldung seit 1977. Wir setzen unseren Konsolidierungskurs fort“, sagte Linssen.

Trotz einem zu erwartenden Steuerplus von 1,2 Milliarden Euro sinkt die Kreditaufnahme im Vergleich zum Nachtragshaushalt 2007 jedoch nur um 350 Millionen Euro. Ein stärkerer Abbau der Schulden sei trotz der guten konjunkturellen Lage nicht möglich, sagte Linssen. Grund seien unverschuldete Mehrbelastungen, etwa durch die im Bund beschlossene Unternehmenssteuerreform oder höhere Zahlungsverpflichtungen an die Kommunen.

Mehr Geld will Linssen im kommenden Jahr jedoch auch für Personal ausgeben. Erstmals seit drei Jahren steigen die Bezüge der Beamten um 2,9 Prozent. Den angekündigten Personalabbau in der Landesverwaltung will Linssen durch „fluktuationsbeschleunigende Elemente“ wie Vorruhestands- und Altersteilzeitregelungen vorantreiben. Mehrere tausend Mitarbeiter würden so vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden.

Knapp 100 Millionen Euro hat Linssen für das Kinderbildungsgesetz von Familienminister Armin Laschet (CDU) übrig. Schulministerin Barbara Sommer kann 18.000 neue Ganztagsplätze schaffen, und Innenminister Ingo Wolf (FDP) durfte gestern die Einstellung von 500 zusätzlichen Polizeianwärtern bis zum Jahr 2011 verkünden. Zudem versprach Linssen, im kommenden Jahr den lang angekündigten „Innovationsfonds“ zur Wissenschaftsförderung ins Leben zu rufen, der aus Privatisierungserlösen gespeist werden soll. Wie viel Geld dafür zur Verfügung steht, ließ er jedoch offen.

Die Opposition im Landtag warf Linssen mangelnde Sparanstrengungen vor. „Mit einer restriktiven Ausgabenpolitik hat der Entwurf nichts zu tun“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gisela Walsken. „Der eiserne Helmut verrostet.“ Auch die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann kritisierte Linssens „Schuldenpolitik“: Von echten Strukturreformen könne keine Rede sein, sagte sie.

Die FDP-Finanzpolitikerin Angela Freimuth verteidigte Linssens Entwurf hingegen als „konsequent“. Allerdings mahnte sie, an dem in der Koalitionsvereinbarung vereinbarten Ziel eines schuldenfreien Haushalts festzuhalten. Linssen selbst zweifelte gestern jedoch daran, dass sich das selbst gesetzte Ziel in dieser Legislaturperiode noch erreichen lässt: „Ich kann in dieser Frage die Euphorie mancher Leute nicht teilen“, sagte er.

KLAUS JANSEN