Freisprüche verlangt

Im Potsdamer Prozess um den Überfall auf Ermyas M. fehlen der Anklage die Beweise für eine Verurteilung

POTSDAM epd/dpa ■ Im Prozess um den lebensgefährlichen Angriff auf den schwarzen Deutschen Ermyas M. hat die Staatsanwaltschaft auf Freisprüche für die beiden Angeklagten plädiert. Trotz glaubhafter Indizien und erheblicher belastender Umstände sei nicht mit letzter Sicherheit nachzuweisen, dass der 30-jährige Hauptangeklagte Björn L. am Tatort war, begründete die Staatsanwältin vor dem Landgericht Potsdam. Auch beim 32-jährigen Mitangeklagten Thomas M. seien die Indizien „nicht geeignet“, eine Verurteilung darauf zu stützen.

Die Nebenklage schloss sich der Beweisführung der Anklage an, zeigte sich aber dennoch überzeugt davon, dass es sich um eine ausländerfeindliche Tat handelte. Ermyas M. wurde in der Nacht zum Ostersonntag 2006 schwer verletzt an einer Bushaltestelle aufgefunden. Der Wissenschaftler lag danach lange Zeit im künstlichen Koma und erinnert sich nicht an den Tathergang. Der Fall hatte auch wegen eines Kompetenzstreits zwischen Bundesanwaltschaft und Landesjustiz für Aufsehen erregt. Während des Prozesses wurden Polizeipannen bei der Sicherung des Tatorts bekannt. Auch zog eine Belastungszeugin ihre Aussagen zurück, weil sie bedroht worden sei.

Die Beschuldigten müssen sich seit Februar wegen gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise unterlassener Hilfeleistung verantworten. Die Anklage stützte sich vor allem auf die Mailbox-Aufzeichnungen des Opfers, die auf einen rassistischen Tathintergrund deuteten. An 18 Verhandlungstagen wurden gut 60 Zeugen vernommen und zwei Stimmgutachten vorgelegt. Zeugen für den direkten Tathergang wurden nicht ermittelt.