Vattenfall geht ein Licht auf

Stromkonzern entschuldigt sich bei Verbrauchern: Die umstrittenen Tarifinformationen sollen gestoppt und Kunden über Produkte besser informiert werden. Kopplung von Strom und Versicherung sei als „Dankeschön an Kunden“ gedacht gewesen

VON CATHERINE KIMMLE

Vattenfall gibt klein bei. Der Vorstandssprecher von Vattenfall Europe, Hans-Jürgen Cramer, hat sich gestern für die „Irritationen“ entschuldigt, die infolge der umstrittenen Informationskampagne zu den Stromtarifumstellungen entstanden sind. „Wir haben nicht den besten Job gemacht“, bekannte er. Die erste Maßnahme, die nun getroffen würde, sei der Aussendestopp aller noch ausstehenden Briefe. „Dieses Schreiben hat bei unseren Kunden Fragen offen gelassen“, räumte Cramer ein. Als Nächstes gelte es, die Transparenz der Produkte zu erhöhen und das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen, fügte er hinzu. Hierzu plant Vattenfall am kommenden Mittwoch in allen Berliner und Hamburger Tageszeitungen Anzeigen mit Richtigstellungen und überarbeiteten Informationen. Des Weiteren würden noch in diesem Monat Kundenzentren geöffnet, in denen sich Verbraucher intensiv über deren Produktpalette beraten lassen können.

Vattenfall hatte Mitte Mai damit begonnen, an seine 1,7 Millionen Kunden Briefe bezüglich der zum 1. Juli beginnenden Tarifumstellungen zu versenden. Darin bot der Konzern seinen Kunden ausschließlich höhere Tarife an – zum Teil verbunden mit einer Zusatzversicherung. Wer auf das Schreiben nicht antwortet, wird automatisch in den teuersten Tarif hochgestuft, den sogenannten Basis-Tarif.

Was den zweifelhaften Haushaltsschutzbrief betrifft, so bezeichnete Cramer das Angebot als „Dankeschön an die Kunden, das offensichtlich missverstanden“ worden sei. Die Berliner Verbraucherzentrale prüft derzeit, ob diese Kopplung von Stromlieferung und Versicherung zulässig ist. Etwa 500.000 bis 600.000 Briefe wurden noch nicht entsendet. Laut Vattenfall erhielten die bisher leer ausgegangenen Haushalte in den kommenden Wochen neu gestaltete Briefe, die auch diejenigen Informationen enthielten, die bisher fehlten – nämlich die Nennung aller Produkte und aller Preise.

Bis gestern hatte vor allem die Verbraucherzentrale mit einem Ansturm von Vattenfall-Kunden zu tun. Sie alle baten um eine Beratung zum Stromanbieterwechsel und zu den neuen Vattenfall-Tarifen. Die riesige Nachfrage führte dazu, dass anstatt Einzelberatungen nur noch Vorträge und Gruppenberatungen durchgeführt werden konnten.

Auch Umweltexperten hatten die umstrittene Briefaussendung kritisiert: Die sechsprozentige Preiserhöhung, die aus dem Schreiben hervorgehe, sei nicht alltäglich, sagt Carmen Schultze, Pressereferentin beim BUND. Außerdem vermisse sie weitere Alternativen und Angebote wie den Online-Tarif.

Ihrer Meinung nach wäre es an der Zeit, den Stromanbieter zu wechseln. „Vielleicht gibt dieser Streit vielen Verbrauchern endlich den letzten Anstoß“, fügt Schultze hinzu. Zum Wechsel rät auch Michael Schäfer, Verbraucherexperte bei den Grünen: Er empfiehlt vier Ökostromer, die den Verbraucher ohne Atom- und Kohlestrom versorgen: Naturstrom, LichtBlick, Greenpeace Energy und EWS Schönau.