Der Preis des Protests

EINBLICK Zur Türkei-Woche der Uni-Bremen zeigt das City 46 drei neuere, politische Filme. Einer handelt vom Kampf um den Gezi-Park und den Folgen

Kaum einer weiß es, aber 2014 ist das Deutsch-Türkische Wissenschaftsjahr. Die meisten Veranstaltungen werden deshalb auch an der Uni, der Hochschule oder dem Haus der Wissenschaften abgehalten. Nur die in diesem Rahmen organisierte kleine Filmreihe im City 46 öffnet sich ein wenig für ein breiteres Publikum.

Dem Regisseur Can Dündar ist es so wichtig, dass möglichst viele Menschen in Bremen seinen Film „Gözdagi“ (Fr, 20.30 Uhr; Mo, 18 Uhr) sehen, dass er darum gebeten hat, ihn bei freiem Eintritt zu zeigen. Außerdem reist er extra für die Diskussion am Freitagabend aus der Türkei an. Zusammen mit seinem Kollegen Günel Cantak hat er diese Dokumentation darüber gemacht, welchen hohen Preis einige von jenen gezahlt haben, die im letzten Jahr bei den Protesten um den städtischen Park Gezi mitgemacht haben.

Für ein paar Wochen schaute die Welt auf diese Demonstrationen, und durch die vielen Handyaufnahmen und digitalen Kameras war dieser Blick so unmittelbar und intensiv wie noch nie zuvor. Diese Blicke haben auch eine große symbolische Kraft. Viele Demonstranten haben bei den Angriffen der Staatsmacht durch Plastikgeschosse, Gaskapseln oder Schläge ihr Augenlicht verloren. Vier von ihnen schildern ihre Erlebnisse in den ersten 48 Stunden des Protests, in denen sie verletzt wurden.

Nuri Bilge Ceylan ist der international erfolgreichste in der Türkei lebende Filmemacher nach Yilmaz Güney. Seit 1995 sein Kurzfilm „Koza“ in einem Wettbewerb auf den Filmfestspielen in Cannes lief, werden dort regelmäßig seine Werke gezeigt und gefeiert. „Once Upon a Time in Anatolia“ und „Drei Affen“ erhielten den Regiepreis. 2014 bekam er für „Winterschlaf“ (Kinostart in Deutschland am 11. Dezember) die Goldende Palme.

In Bremen steht sein selten gezeigter Spielfilm „Die Stadt“ (Do, 20.30 Uhr; Fr, 18 Uhr) von 1997 auf dem Programm. Ceylan erzählt darin von den drei Generationen einer Familie, die in einem Provinznest in der Türkei der 70er-Jahre leben. In diesem Frühwerk sind sein poetische Arbeit mit der Kamera und sein zugleich scharfer und elegischer Blick schon voll ausgeprägt.

„Takva – Gottesfurcht“ (So, 18 Uhr; Mi, 20.30 Uhr) von Özer Kiziltan war 2008 für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert. Darin wird von einem frommen Moslem erzählt, der in seiner erzkonservativen Gemeinde als Vorbild herausgestellt und durch diese Machtposition in Versuchung geführt wird. Der von Fatih Akin produzierte Film zeichnet ein pessimistisches Bild der heutigen Türkei, in der sich nur ein einziger guter Mensch findet, der mit einer ausweglos scheinenden Konsequenz korrumpiert wird.  HIP