FU will Kinderuni werden

Die Freie Universität verpflichtet sich, familienfreundlicher zu werden. So sollen Kinder von Studis und Angestellten besser betreut werden. Grüne und Studierendenvertreter sehen großen Nachholbedarf

Die FU will es ihren Studierenden und Angestellten besser ermöglichen, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen. So sollen zum Beispiel die Betreuungsangebote für ganz kleine Kinder verbessert und Helfer für familiäre Notfälle engagiert werden. Vertreter der Studierenden halten dem jedoch entgegen, dass die neuen Studiengänge Freiräume gerade deutlich verringern würden. Kritisch sehen sie auch die drohende Abwicklung des „Hochschulteams“ der Arbeitsagentur. Aus Kostengründen soll die Filiale in der Silberlaube der FU geschlossen werden.

VON JENS GRÄBER

Beruf oder Studium mit einer eigenen Familie zu vereinbaren, ist oft verdammt schwierig. An der Freien Universität (FU) soll sich das ändern: Sie erhielt gestern das „Grundzertifikat familiengerechte Hochschule“ von der Hertie-Stiftung. Dazu musste sich die Hochschule anspruchsvolle Ziele setzen, um künftig familienfreundlicher zu sein. In drei Jahren wird überprüft, ob die Uni ihrem Anspruch gerecht wird.

Bereits jetzt existiert eine Kindertagesstätte mit 160 Plätzen. Zusätzlich solle es aber 16 zusätzliche Krippenplätze für Kinder ab einem Alter von acht Wochen geben, erklärt Projektleiterin Mechthild Koräuber. Insgesamt will die Uni 70 Plätze speziell für Kinder zwischen acht Wochen und zwei Jahren anbieten.

Auch zwei Konzepte zur Kurzzeitbetreuung sind geplant, etwa während einer Vorlesung oder Sprechstunde. Zum einen solle es das sogenannte Eltern-Kind-Zimmer geben, wo Eltern ihre Kinder wechselseitig betreuen könnten, erklärt Koräuber. Zusätzlich ist ein Raum mit fest angestellten Betreuern geplant – dafür suche sie noch Sponsoren.

Auch werdende Mütter will die FU besonders unterstützen, etwa wenn sie Veterinärmedizin studieren und während der Schwangerschaft nicht in die Labore dürfen. „Wir entwickeln Programme, die zum Beispiel e-Learning in dieser Zeit ermöglichen“, sagt die Projektleiterin.

Für Uni-Beschäftigte ist ein zusätzliches „Notfall“-Betreuungsangebot geplant, das sich nicht auf Kinder beschränkt, sondern auch zum Beispiel pflegebedürftige alte Menschen einschließt. Koordinieren soll diese und andere Maßnahmen ein Familienbüro, das auch zentrale Anlaufstelle für Betroffene sein soll.

„Wir freuen uns über die Verleihung des Zertifikats an die FU“, teilte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit. Die einzelnen Maßnahmen wollte sie nicht kommentieren. Anja Schillhaneck, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, begrüßt die Pläne ebenfalls. „Ich glaube aber, das reicht noch nicht aus“, sagt sie. Gerade für Studierende mit Kind sei die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums sehr wichtig. Dies komme aber nicht explizit im Maßnahmenkatalog der FU vor. Auch Ain El Hayat Zaher vom Sozialreferat des Asta beklagt, dass ein Teilzeitstudium seit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge kaum noch möglich sei.

Projektleiterin Koräuber räumt ein, dass ein Bachelor-Teilzeitstudium nur möglich sei, wenn jemand seine Studiendauer verdoppeln wolle. Nur ein oder zwei Semester anzuhängen, sei dagegen kaum möglich, weil die meisten Veranstaltungen nur einmal im Jahr angeboten würden. Es werde aber daran gearbeitet, auch die neuen Studiengänge flexibler zu gestalten.

Zaher äußert zudem grundsätzlichere Kritik: Einige der geplanten neuen Angebote richteten sich ausschließlich an Beschäftigte, so etwa die Notfallbetreuung. Auch bei bereits bestehenden Einrichtungen gebe es Verbesserungsbedarf: So seien die Wickelräume zu klein und zu abgelegen, außerdem würden die Mülleimer dort nur selten geleert. Zaher, die selbst ein Kind hat, ist bislang von der Unterstützung der FU für Studenten mit Kindern wenig begeistert. „Es ist immer noch eine ziemlich große Härte, mit Kind zu studieren“, sagt sie.