dortmunder tagung: gender mainstreaming an hochschulen
: Warum sich Unis zu wenig Mathematikerinnen anlachen

Unter Studierenden der Mathematik lebt es sich als Frau gut. Fast jede der 750 Mathematik-Studentinnen, die Anina Mischau an acht Hochschulen in Deutschland befragt hat, fanden den Umgang mit KommilitonInnen freundlich, entspannt und gleichberechtigt. Außerhalb der Cafeteria ist die Reaktion auf die weiblichen Mathematikerinnen weit weniger freundlich. Abfällige Bemerkungen und Sprüche sind alltäglich. Vorurteile werden als Witze verpackt, sind deswegen aber nicht weniger harmlos. „Die Studierenden haben diese Witze aber nur sehr zögerlich als Diskriminierungen interpretiert“, sagt Soziologin Mischau. Manche Studentinnen reproduzierten die Vorurteile gegenüber mathematischen Fähigkeiten von Frauen sogar. „Trotz gleicher und besserer Leistung schätzen sich die Frauen schlechter ein,“ so Mischau.

Mischau hat ihre Ergebnisse im gerade erschienenen Band zu einer Dortmunder Tagung „Gender Mainstreaming – Konsequenzen für Forschung, Studium und Lehre“ veröffentlicht. Ein geschlechtergerechter Uni-Alltag wird in Deutschland erst seit den 1990er Jahren wissenschaftlich diskutiert. „Leider sind bislang nur wenige Professoren darauf sensibilisiert“, sagt Sozialwissenschaftlerin Beate Kortendiek vom Dortmunder Netzwerk Frauenforschung. Das sei das Dilemma: Professorinnen gelten als gender-sensibel, sind an den Hochschulen allerdings nach wie vor selten. Mit der Folge, dass weiblicher Nachwuchs ausbleibt.

Dabei würde ein höherer Frauenanteil Forschung und Lehre stark verändern. Peter Viehbahn hat die unterschiedlichen Reaktionen von Professorinnen und Professoren auf Studentinnen untersucht. Der Psychologe fand heraus, dass Frauen Studentinnen mehr fördern, sie mehr loben und motivieren und seltener abfällige Bemerkungen oder Witze machen als ihre männlichen Kollegen. Außerdem stellen sie in ihren Kursen häufiger Pionierinnen ihrer Wissenschaft dar und schaffen so positive Vorbilder für Frauen. Übrigens gilt dies nicht nur für den Kontakt zu Studentinnen: Professorinnen gingen mit männlichen Studenten ebenso emphatischer um. In Zukunft müsse auch diese Fähigkeit für eine Berufung wichtig sein: „Bei der sozialen Kompetenz schneiden weibliche Lehrende besser ab“, sagt Viehbahn.

Das ist aber kein Naturgesetz. An der Universität Duisburg-Essen kümmert sich das Meduse-Projekt um zukünftige Akademikerinnen in den Natur-und Ingenieurwissenschaften. Das Besondere: Auch Männer können an den Seminaren teilnehmen oder sind selbst Mentoren.

Die Dortmunder Tagung zeigte aber auch: Nur wenn auf jeder Stufe der Hochschulkarriere, von der Einschreibung bis zum Doktor, die Frage nach Gleichberechtigung gestellt wird, können Frauen zukünftig dieselben Chancen ergreifen. Nur dann könnte der – EU-weit niedrigste – Professorinnen-Anteil in Deutschland wieder steigen. Und nur dann wird es auch mehr zufriedene Studentinnen der Mathematik geben. ANNIKA JOERES

Der Tagungsband: www.netzwerk-frauenforschung.nrw.de/download/studien_8.pdf