Gericht: Studiengebühr ist in Ordnung

500 Euro pro Semester sollen Studenten in Baden-Württemberg zahlen. Die ersten Musterklagen dagegen sind gescheitert. Doch der Rechtsstreit um die Studiengebühr ist damit längst nicht vorbei. Auch in anderen Bundesländern laufen Verfahren

AUS FREIBURG ANNEGRET NILL

Im ersten Musterprozess gegen die Studiengebühren in Baden-Württemberg hat das Verwaltungsgericht Freiburg alle Klagen abgewiesen. Die Gebühren könnten rechtlich nicht beanstandet werden, sagte der Vorsitzende Richter Werner Cordes. Das Gericht ließ allerdings eine Berufung gegen sein Urteil zu. Die Kosten des Verfahrens müssen die KlägerInnen tragen.

Baden-Württemberg hatte zum Sommersemester 2007 Studiengebühren in Höhe von 500 Euro eingeführt. Dagegen geklagt hatten eine alleinerziehende Mutter, eine Schwangere und vier Zivildienstleistende.

Eine der KlägerInnen ist eine 37-jährige Studentin für das Lehramt an Realschulen, die als alleinerziehende Mutter für zwei Kinder im Alter von 11 und 13 Jahren sorgt. Sie meint, dass die Studiengebühren gleich gegen mehrere juristische Grundsätze verstoßen, darunter gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf freie Berufswahl.

Denn Studenten mit Kindern bis acht Jahren sind von den Gebühren befreit, während die Klägerin bezahlen – und dafür ein Darlehen aufnehmen – muss. Das koste sie 4.500 Euro zusätzlich, argumentierte sie.

„Wir unterstützen diese Klage natürlich, genauso wie die anderen“, sagte Katharina Binz, Vorstandsmitglied des freien zusammenschlusses der StudentInnenschaften fzs, vor der Urteilsverkündung am Mittwoch. Bereits zu Beginn des Semesters hätten um die 2.700 Studierenden in Baden-Württemberg Widerspruch gegen die Studiengebühren eingelegt – allein 550 davon in Freiburg.

Auch in anderen Bundesländern haben Studierende gegen die Gebühren geklagt. In Minden, Nordrhein-Westfalen, entschied das Verwaltungsgericht Ende März, dass die Studiengebührensatzung der Uni Bielefeld rechtswidrig sei – trotz prinzipieller Bejahung von Gebühren. Begründung: Nach dem Sozialpakt der Vereinten Nationen, der auch für Deutschland gilt, müsse jeder Student „unabhängig von seiner sozialen Herkunft und seinen finanziellen Möglichkeiten einen chancengleichen Zugang zur Hochschulbildung“ haben. Da die Universität je nach Semesterhöhe gestaffelte Gebühren beschlossen hatte, sieht das Gericht dies aber nicht garantiert. Vor kurzem kündigte die Fachhochschule in Bielefeld deshalb an, im Wintersemester erst einmal keine Gebühren zu erheben – während die Universität ankündigte, in Berufung gehen zu wollen.

Einen anderen Kritikpunkt fand das Verwaltungsgericht Arnswald. Es kritisierte bei einem Urteil im Mai, dass die Universität Siegen bei der Sitzung, auf der Studiengebühren beschlossen wurden, die Öffentlichkeit ausgeschlossen hatte. Nach diesem Beschluss dürften die Studiengebührensatzungen einiger Universitäten nun hinfällig sein.

Laut Katharina Binz vom fzs soll auch in Hessen, Bayern, Niedersachsen, dem Saarland und in Hamburg gegen die Studiengebühren geklagt werden. Sie zeigt sich optimistisch, dass die Debatte um Studiengebühren durch die Urteile neuen Aufwind bekommt. Auch wenn andere Formen des Widerstands sich im Sande verlaufen haben – wie beispielsweise in Hamburg, wo ein Boykott gegen Studiengebühren gerade gescheitert ist. Dort mussten die Gelder der Protestierenden, die auf einem Konto des Vereins Studiengebührenboykott gesammelt wurden, an die Universität überwiesen werden. 10.000 Studierende hätten sich an der Aktion beteiligen müssen, um erfolgreich zu sein – getraut haben sich dies aber nur etwa 6.800.

In Berlin hat mittlerweile ein „Bündnis für Solidarität und freie Bildung“ ein Volksbegehren gegen die Einführung von Studiengebühren und Studienkonten an den Hochschulen eingeleitet.