Der Volksverhetzer

Schwedens Außenminister verbreitete in seinem Blog rassistische Texte. Bis die Staatsanwaltschaft nun eingriff

„Nachkommen des Teufels“, „niedrigere Wesen als Kakerlaken“, „Mörderbrut des Satans“, „Massenmörder ohne Existenzberechtigung“. Solche auf das palästinensische Volk gemünzte Beschreibungen konnte man monatelang in Kommentaren des Internetblogs des schwedischen Außenministers Carl Bildt (http://carlbildt.wordpress.com) lesen. Seit Donnerstag ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen ihn.

Denn nach schwedischem Recht hat der Betreiber einer Internetplattform die Pflicht, unter anderem rassistische und volksverhetzende Äußerungen umgehend aus der von ihm verantworteten Webseite zu entfernen. Was Carl Bildt nicht getan hatte, obwohl die fraglichen Kommentare seit März in seinem Blog standen. Er reagierte erst, als die Staatsanwaltschaft formal die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bekanntgab. Die verspätete und nur teilweise Entfernung der fraglichen Kommentare entschuldigte er – in einem Blog-Beitrag vom EU-Gipfel in Brüssel – damit, dass in seinem Blog, der einer der meistgeklickten Schwedens ist, mittlerweile 13.000 Kommentare zu seinen Beiträgen geschrieben worden seien. Die fraglichen „besonders unpassenden“ habe er wohl „übersehen“ gehabt.

Ausflüchte, die mit der Wirklichkeit schwer in Übereinstimmung zu bringen sind. Nicht nur in der Kommentarfunktion seines eigenen Blogs war er nämlich seit Monaten ganz konkret auf diese Kommentare hingewiesen und ausdrücklich zu deren Entfernung ermahnt worden. Mehrere Medien hatten das Thema aufgegriffen und darüber berichtet, dass eine Strafanzeige gegen ihn gestellt worden war. Der Außenminister redete sich damals damit heraus, dass ein nachträgliches Löschen keine großen praktischen Auswirkungen habe, weil die Ursprungsfassung jederzeit über die Archivfunktionen der Suchmaschinen auffindbar sei.

Dabei ist die Rechtslage eindeutig. „Hat man einen Blog mit Kommentarfunktion, ist man verpflichtet, den auch sauber zu halten“, sagt der ermittelnde Staatsanwalt Jörgen Lindberg. Nach dem schwedischen Gesetz über elektronische Medien aus dem Jahr 1998 ist neben dem Kommentarverfasser immer auch der verantwortliche Herausgeber einer Webseite für den dort vermittelten Inhalt verantwortlich. Vor einigen Jahren war in einem Musterverfahren der zuständige Redakteur des Internetauftritts aftonbladet.se von Schwedens auflagenstärkster Tageszeitung Aftonbladet aufgrund vergleichbarer Kommentare wegen Verstoßes gegen den Volksverhetzungsparagrafen verurteilt worden.

REINHARD WOLFF