Kunstrundgang
: Andrea Edlinger schaut sich in den Galerien von Berlin um

So stellt man sich das, spätestens seit René Descartes, vor: wenn ein Philosoph in Fahrt kommen will, geht er ins Bett, sagt der Welt „Gute Nacht“ und taucht in geistige Tiefen. Die Hannoveraner Künstlerin Gloria Zein spricht seit zwei Jahren mit internationalen Philosophen darüber, was das Bett für ihr Leben und ihre Arbeit bedeutet – und gibt den theoretischen Ausführungen anschließend konkrete Gestalt: jedem ihrer Gesprächspartner erschafft Zein ein Philosophenbett. Im Falle des französischen Philosophen Jean-Luc Nancy, der über die Bedeutung der Gemeinschaftlichkeit für den Menschen forscht, ist das eine karge, aber hochpoetische Erdmulde. Ausgehend von seinem Vergleich eines Paares mit zwei Säulen, die sich zueinander neigen und ein Gewölbe bilden, hat die Künstlerin dem Denker ein kleines Modell einer Erdmulde mit sternenbestückter Glaskuppel gewidmet. Ein Paar hat durch die gemeinsamen Wege eine Vertiefung getreten, in der es schläft und dabei mit seinem Atem eine Sternenkuppel erzeugt. Einer Puppenstube entliehen ist in der Ausstellung in der Galerie Rossella Junck das Bett für Susan Neiman, Direktorin des Potsdamer Einstein Forums. Mit fliederfarbenem Organzastoff hat Zein ein Barbie-Bettchen überzogen. Dieses Himmelbett steht auf einem gläsernen Podest, in dessen Innenseite Tisch und Stuhl angebracht sind – kopfüber unter dem Bett. So verdeutlicht die Künstlerin Neimans Klarstellung, im Bett eine Frau zu sein, in ihrer philosophischen Argumentation sich aber nicht von Männern zu unterscheiden. Eine klare Trennung von Arbeit und Schlaf gibt es für den Berliner Philosophen und Altertumsforscher Friedrich Kittler nicht. Zein sieht ihn auf der „Magischen Gotterkenntnis Matratze“ ruhen. Denn schon die Griechen wussten, dass die Götter mit dem Menschen am liebsten im Schlaf verkehren.

Bis 26. Juli, Di.–Sa., 14–18 Uhr, Gloria Zein: „Philosophenbetten“, Galerie Rossella Junck, Auguststr. 28