Schlösserstiftung lässt Bürger büßen

Seit die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die Parkordnungen in Potsdam verschärft hat, gibt es Bürgerproteste – bis hin zum illegalen öffentlichen Rasenpicknick. Derweil kommt die Stiftung mit der Erhebung der Bußgelder kaum noch nach

VON STEFAN OTTO

„Fahrradschiebestrecke“ steht auf dem Schild im Babelsberger Park. Es markiert das Ende eines Asphaltwegs. Die Strecke am Havelufer führt als Sandweg weiter, und da ist Radfahren verboten, weil es den Belag übermäßig beanspruchen würde. Auf anderen Wegen in dem 114 Hektar große Gelände ist die Parkordnung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) noch strenger: Da ist es verboten, ein Rad überhaupt mitzuführen. Gleiches gilt im Park von Sanssouci und im Neuen Garten. Weil viele Nutzer die Vorschriften überzogen finden, schwelt seit Wochen ein Konflikt zwischen SPSG und Bürgerinitiativen.

„Es gibt dringenden Handlungsbedarf, um auf die bestehende Parkordnung hinzuweisen“, sagt Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung. Die Parks seien Teil des Unesco-Welterbes, keine Volksparks. Für viele Potsdamer sind die historischen Grünanlagen dagegen weit mehr als ein Museum, sondern Oasen im Stadtgebiet – in denen sie auch Rad fahren, auf der Wiese liegen und im See baden wollen. Das alles möchte die Schlösserstiftung unterbinden.

„Wir waren alle überrascht, wie empfindlich die Potsdamer Bürger reagieren“, sagt Gartendirektor Rohde. Dabei sei die Parkordnung nur unwesentlich verändert worden. „Radfahren war noch nie erlaubt.“ Allerdings wurde das Verbot nicht konsequent durchgesetzt. Seit Ende April werden nun bei Verstößen Bußgelder erhoben. Zuständig dafür sind von der SPSG eingesetzten Ordnungskräfte. Die Summen fallen bisher moderat aus: Fürs Radfahren stellen Parkwächter meist Strafzettel über 10 Euro aus, fürs Lagern auf den Wiesen 20 bis 35 Euro.

Der AStA der Uni Potsdam hat interveniert und erreicht, dass zumindest asphaltierte Strecken für Radfahrer freigegeben werden. Zum Jahresende gebe es noch einmal Gespräche mit der Stiftung, sagt Björn Ruberg, Verkehrsreferent beim AStA. Mit in die Verhandlung nimmt er das tägliche Veto der Studenten: „Die Leute fahren doch sowieso mit dem Rad durch den Park“, sagt Ruberg, der die ästhetischen Einwände der Stiftung durchaus verstehen kann.

Annemarie Kaiser hat dagegen den Eindruck, als sei der Mensch der SPSG „ein Dorn im Auge“. Sie ist Sprecherin der Bürgerinitiative Babelsberger Park, die unlängst in Verhandlungen mit der Stiftung erreichen konnte, dass die Wiesen am Tiefen See betreten werden dürfen, so dass dort gebadet werden kann.

Derweil hat der Protest auch den Park von Sanssouci erreicht. Vor zwei Wochen rief Jan Gabbert, Dozent an der Fachhochschule Potsdam, zum öffentlichen Picknick auf. 120 Leute kamen. Gabbert wollte demonstrieren, dass es „im Park Sanssouci keine Berliner Tiergartenverhältnisse gibt“. Es seien letztlich nur Einzelne, die über die Wiese laufen oder Rad fahren.

Das sieht die Schlösserstiftung anders: Durch Vandalismus oder Überstrapazierung der Wege und Grünflächen entstünden jährlich Schäden in Höhe von 250.000 Euro. Riesige Schilder auf Betonsockeln werben nun an den Parkeingängen um Verständnis für eine „denkmalgerechte Nutzung“ der Gärten. „Aufklärung ist uns wichtig“, meint Gartendirektor Rohde, der den „Dialog mit den Potsdamern fortführen“ möchte.

Das Erheben der Bußgelder wird derweil immer mehr zur Belastung für die Schlösserstiftung. Deshalb hat sie die Stadt darum gebeten, die Knöllchen künftig mit Unterstützung durch das Ordnungsamt einziehen zu können. Der Antrag wurde aber Ende Mai von der Stadtverordnetenversammlung zurückgestellt – erst soll eine Handhabe gefunden werden, die auch von der Bevölkerung angenommen wird.