wachleute vor schulen
: Zivilgesellschaft will gelernt sein

So weit ist es schon: Der Bezirk Neukölln stellt Schulen vom neuen Schuljahr an auf Wunsch Wachleute zur Verfügung. Ihnen soll gelingen, was Eltern, Lehrer und die gesellschaftlichen Verantwortungsträger nicht schaffen: die außer Rand und Band geratenen Jugendlichen in Schach zu halten. Die Wachleute sollen qua uniformierter Autorität dort Grenzen setzen, wo gewaltbereite Jugendliche keine Grenzen mehr sehen – beim Respekt vor dem, was anderen gehört, beim Respekt vor der körperlichen Unversehrtheit anderer.

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

Wachleute an die Schulen – wenn dies das Einzige ist, was den politisch Verantwortlichen von Neukölln noch einfällt, dann besiegeln sie ihren Kotau vor den Jugendlichen, die sich um nichts mehr scheren – nicht um die anderen, nicht um sich selbst.

Wichtig ist, dass an gefährdeten Schulen endlich wieder ein ziviles Miteinander möglich ist. Darum bemühen sich die meisten SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern ohnehin sehr. Es bedarf oft nur weniger Jugendlicher, dieses soziale Gefüge durch rabiates Auftreten, durch Prügeleien, Pöbeleien, Mobbing und üble Anmache zu stören und mitunter nachhaltig zu zerstören. Wachmänner mögen das Symptom – Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen – im Zaum halten. Die Ursache dieses Übels werden sie allerdings nicht in den Griff bekommen. Genau da sind die PolitikerInnen gefragt.

Viele der Jugendlichen, die keine Grenzen kennen, identifizieren sich nicht mit der Gesellschaft, in der sie leben. Und warum sollten sie auch? Arbeit oder Berufsausbildung fallen für sie aus. Gar nicht unbedingt, weil sie nicht wollten – es gibt diese Chancen einfach nicht. Damit wird ihnen eine Zukunft als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft gar nicht erst ermöglicht. Zerrüttete oder entwurzelte Familien mögen dazu beigetragen haben, ein Problem der gesamten Gesellschaft bleibt es trotzdem. Jugendliche – und seien sie noch so missraten – brauchen Zukunft. Dafür, nicht für Wachleute müssen sich die Neuköllner PolitikerInnen starkmachen. Aber nicht nur sie.