Rechte Studenten linken Wähler

Bei der Abstimmung zum Studierendenparlament der Technischen Universität geht es nicht mit rechten Dingen zu: RCDSler kandidieren auf „linken“ Listen – offenbar, um Stimmen abzugreifen

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Die Studierenden der Technischen Universität (TU) machen in dieser Woche ihr Kreuzchen für ein neues Hochschulparlament. Die Frage ist nur, ob sie tatsächlich das wählen, was sie zu wählen glauben. Denn einige Mitglieder des CDU-nahen Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) kandidieren auf Listen mit links klingenden Namen. Linke Initiativen werfen ihnen deshalb vor, über diese „Tarnlisten“ Stimmen abgreifen zu wollen.

Die Wahl des Studierendenparlaments entscheidet auch über die Zusammensetzung des neuen AStA. An der TU ein heißes Eisen – denn seit dem letzten Sommer stellen in der Studierendenvertretung erstmals nach rund 40 Jahren die Konservativen die Mehrheit. Seitdem herrscht ein Kleinkrieg am Ernst-Reuter-Platz – mit Methoden bis zum Etikettenschwindel an der Wahlurne.

So taucht bei der jetzigen Abstimmung eine Liste mit dem Namen „BreiLiBü“ auf. Im TU-Jargon steht diese Abkürzung für das „Breite Linke Bündnis“, einen Zusammenschluss linker Initiativen. Hinter der Abkürzung auf dem Stimmzettel verbirgt sich hingegen ein „Breites Libertäres Bündnis“ – mit einem RCDSler auf Platz zwei. Die Initiativen des eigentlichen „BreiLiBü“ treten einzeln an.

Nur wer in der Wahlzeitung nachschlägt, erfährt den wahren Namen der Liste. Und muss trotzdem den Eindruck bekommen, es handle sich um eine sehr linke Gruppe: Unter der Aufzählung der Kandidaten prangen Hammer und Sichel neben einem durchgestrichenen Hakenkreuz und einem Anarchisten-Stern. Für einen RCDS-Mann eine eigenartige Symbolik.

Natürlich wissen die meisten Studierenden bei 42 Listen nicht, welche wofür steht. Im Zweifelsfall entscheiden sie sich für das, was ihrer politischen Grundhaltung zu entsprechen scheint – und werden dabei teilweise in die Irre geführt.

Es gibt noch mehr Beispiele: Ein Mitglied der Jungen Union, des RCDS und einer schlagenden Verbindung kandidiert auf einer „Unabhängigen Liste“ und behauptet in der Wahlzeitung, politisch unabhängig zu sein. Ein anderer tritt bei den „MultiKulti-AusländerInnen“ an, früher ging er noch für den RCDS ins Rennen. Wieder einer aus dem Dunstkreis der Konservativen kandidiert bei den „Alternativen StudentInnen“, einer Initiative, die sich nach eigenen Angaben „für eine grüne Politik“ einsetzen will, „für Basisdemokratie“ und „gegen Sexismus“. Ihr Symbol in der Wahlzeitung: die Sonnenblume. Vertreter der Linken bezeichnen diese Listen als „Tarnlisten“, die nur dazu benutzt würden, Stimmen zu fangen.

Hat das Verwirrspiel System? David Schmidt, Vorsitzender des RCDS an der TU, bestreitet das. Er weist jede Verantwortung von sich. „Wenn jemand in einer Einzelaktion so etwas macht, habe ich keinen direkten Einfluss darauf.“ Er habe Wichtigeres zu tun, als einen RCDS-Kollegen zu überreden, nicht unter dem Listennamen „BreiLiBü“ anzutreten. Die Aggressivität vonseiten der Linken habe eben zu einer gewissen Polarisierung geführt. „Wir wollen einen seriösen Wahlkampf. Aber wenn die Linken beispielsweise unsere Plakate abreißen, ist das keine Art.“

Linke Studierende kritisieren wiederum den RCDS. „Die Tarnlisten haben mit demokratischer Kultur nichts zu tun“, sagt Lukas Foljanty vom Projektrat des Studiengangs Stadt- und Regionalplanung. Zwar habe es schon früher diese Listen gegeben. Dieses Jahr sei das Vorgehen der Konservativen aber besonders dreist.

Spätestens Anfang kommender Woche gibt der Wahlvorstand das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Nur in einem sind sich alle einig: Sie hoffen auf eine höhere Beteiligung. Im vergangenen Jahr waren lediglich 7 Prozent der etwa 30.000 TU-Studierenden zur Wahl gegangen.