„Ein kollektives Phänomen“

Diskussion zu Frauen in der arabischen Revolution

■ 40, ist seit April 2009 Junior-Professorin für Islamwissenschaft an der Uni Hamburg. Ihr Schwerpunkt sind unter anderem konfessionelle Konflikte.

taz: Frau Niethammer, fehlt es der arabischen Revolution an weiblichen Leitbildern?

Katja Niethammer: Egal, ob Männer oder Frauen, das ist das Neue an den Protesten: Es ist eher ein kollektives Phänomen, dass eben über Facebook oder Twitter organisiert wurde. Die Köpfe waren relativ anonym.

Aber Sie diskutieren heute ausdrücklich über Aktivistinnen.

Ja, ich glaube, die Frauen haben eine größere Rolle gespielt, als es wahrgenommen worden ist. Gerade in Ägypten waren sie bei Facebook sehr aktiv. Der Anteil von Frauen unter den Protestierenden ist erstaunlich hoch.

Wer geht da auf die Straße?

Im Wesentlichen ist das die Gruppe junger, gut ausgebildeter Frauen, die mit den neuen Medien aufgewachsen sind. Und das sind oft die, die von Aufstiegsmöglichkeiten in den Regimen ausgeschlossen waren. Politisch sind sie dagegen sehr unterschiedlich ausgerichtet.

Welche Chancen sehen Sie für die Frauen in der Region?

Das wirklich Schwierige ist die Phase der Demokratisierung. Erst dann muss man schauen, was das für die Frauen bedeutet. In der Vergangenheit hat man schon manchmal erlebt, dass Frauen sehr aktiv an Protestbewegungen teilnehmen konnten, aber danach zurück ins zweite Glied manövriert wurden.

Lässt sich das verhindern?

Tunesien scheint ein positives Beispiel zu sein: Dort soll eine Frauenquote von 50 Prozent für Parlamentssitze eingeführt werden. Wenn das klappt, wäre das nicht nur in der arabischen Welt ein ganz enormes Zeichen.

INTERVIEW: PHW

Katja Niethammer diskutiert mit der Politikwissenschaftlerin Hoda Salah und der Ethnologin Susanne Schröter über „Muslimische Aktivistinnen in Zeiten des Umbruchs“: 18.30 Uhr, Uni-Hauptgebäude, Flügelbau Ost, Hörsaal 221