Aus Novalis wird von Hardenberg

Schulbehörde entzieht umstrittener Privatschule Lehrbefugnis ab Klasse 9 und fordert neue Fachlehrer

Der Trägerverein soll für den Unterricht eine überarbeitete Konzeption vorlegen

Die umstrittene Novalis-Schule in Köpenick könnte ab dem nächsten Schuljahr nur noch eine „Grundschule plus“ sein. Die Schulaufsicht hat der Privatschule, die nach eigener Darstellung auf der Grundlage der anthroposophischen Pädagogik unterrichtet, ab dem kommenden Schuljahr die Lehrbefugnis ab der 9. Klasse entzogen – da es zu wenig Fachlehrer gibt.

Bisher werden dort Schüler von der ersten bis zur zwölften Klasse unterrichtet. „Um den Unterricht in den Jahrgangsstufen neun bis zwölf im kommenden Schuljahr fortsetzen zu können, muss der Trägerverein eine überarbeitete Konzeption mit Nachweis von zusätzlichen Fachlehrern vorlegen“, erklärt Kenneth Frisse von der Senatsschulverwaltung. Die Lehrbefugnis bis Klasse 8 steht hingegen nicht mehr zur Disposition. Auch der Kindergarten auf dem Schulgelände darf weitermachen.

Die Schule hatte im März für Schlagzeilen gesorgt, weil der Elternverein als Schulträger mitten im Schuljahr alle Lehrer entlassen und ihnen Hausverbot erteilt hatte. Zwei Wochen später waren jedoch neue Lehrer gefunden und der Unterricht ging weiter. Viele Schüler haben sich zwischenzeitig eine neue Schule gesucht. Hintergrund des Streits waren Vorwürfe über ein autoritäres Regime durch den Schulgründer, den Eltern mit einem „Sektenguru“ verglichen. Nach Darstellung von Eltern mussten Schüler ihr Mittagessen aufessen und auf dem Schulhof Mützen tragen. Ehemalige Schüler erzählen von religiösen Angeboten, bei denen ein Lehrer – seinen Rücken den Schülern zugewandt – in einem dunkelen Raum innig versunken das Bildnis der Jungfrau Maria angehimmelt haben soll.

Die Privatschule, die vom Bund Freier Waldorfschulen nicht anerkannt ist, besuchen viele Schüler, deren Eltern der staatlichen Schule nicht vertrauen oder von der Waldorfpädagogik fasziniert sind. Andere Schüler sind aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten an einer normalen Grundschule gescheitert. Wegen der Schlagzeilen in den Medien wie „Chaos-Schule“ oder „Irrenhaus von Friedrichshagen“ sah die Schule ihren Ruf nachhaltig gefährdet und hat sich jetzt in „Hardenberg-Schule“ umgenannt. Was eigentlich eine Rückkehr zum Ursprung ist, denn „Novalis“ war der Künstlername von Georg Friedrich Freiherr von Hardenberg.

Die Probleme hat die Schule, die vom Land Berlin mit knapp 600.000 Euro bezuschusst wird, damit nicht über Bord geworfen. Fast jeden Tag stehen einige der früheren Lehrer vor der Schultür und versuchen, mit ihren ehemaligen Schülern ins Gespräch zu kommen. Die alten Lehrer haben außerdem einen Verein gegründet und werben für eine Schulgründung in Brandenburg eines fernen Tages. Der Verein der ehemaligen Lehrer und der neue Schulträger streiten vor Gericht über Gelder, die das Land Berlin vergangenes Jahr gezahlt hatte. Vom Schulträger der Hardenberg-Schule will niemand Auskunft geben, ob man für eine Lehrbefugnis ab Klasse 9 für das nächste Schuljahr nachbessern will. Auch Auskünfte über die Schülerzahl gibt niemand. In einem Flyer wirbt die Schule mit einem Vorschulangebot und zwölf Schuljahren. „Weil die Schülerzahlen so stark zurückgehen, haben sie sich das mit dem Unterricht nach der 8. Klasse aber abgeschminkt“, sagt ein Vater, der nicht befugt ist für die Schule zu sprechen und auch seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Bei sinkenden Schülerzahlen gibt es weniger Geld vom Land. „Dann kann doch niemand mehr Fachlehrer für die oberen Klassen bezahlen“, so der Vater weiter. MARINA MAI