Ein Sommer der Stinkbomben

FRANKREICH Klage der Schriftstellerin Banon gegen Dominique Strauss-Kahn beschäftigt Frankreich

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Einen „Sommer der Stinkbomben“ verheißt das französische Magazin Marianne seinen Lesern. Grund und Anlass für diese unerfreulichen Aussichten sind die Ermittlungen in der „Affäre DSK – Banon“, in deren Verlauf viel schmutzige Wäsche und auch bisher sorgsam gehütete Familiengeheimnisse an den Tag kommen. Mehrere vorgeladene Zeugen, deren Aussagen sofort in die Medien durchsickerten, drohen mit Verleumdungsklagen. Am Verlauf der französischen Ermittlungen ist auch der New Yorker Staatsanwalt Cyrus Vance interessiert, der angeblich die Französin Tristane Banon, die sich als Opfer eines Vergewaltigungsversuchs durch Dominique Strauss-Kahn (DSK) bezeichnet, als Zeugin vorladen könnte, um seine Position im Hinblick auf einen Prozess zu festigen.

Die Schriftstellerin Tristane Banon (32) hatte 2007 in einer Talkshow erzählt, wie der sozialistische Politiker Strauss-Kahn bei einem Interview 2003 wie ein „brünstiger Schimpanse“ über sie hergefallen sei. Unter dem Eindruck der Festnahme von DSK in New York, wo seit Mitte Mai wegen einer Vergewaltigungsklage gegen ihn ermittelt wird, beschloss Banon, Klage wegen Vergewaltigungsversuch einzureichen. DSK bestätigt, Banon getroffen zu haben, bestreitet jedoch jede sexuelle Aggression und hat eine Gegenklage wegen Verleumdung eingereicht.

Neben der Klägerin spielt deren Mutter, die sozialistische Regionalpolitikerin Anne Mansouret, eine zentrale Rolle. Sie hatte 2003 ihrer Tochter abgeraten, Klage einzureichen. Das bereut sie heute. Um ihr Gewissen zu erleichtern, möchte sie die Mitverantwortung wenigstens mit allen teilen, die ihrer Darstellung zufolge in das Geheimnis eingeweiht waren: Strauss-Kahns Exgattin Brigitte Guillemette und deren Tochter Camille, der damalige Parteichef François Hollande und andere sozialistische Kollegen, Journalisten und Mitarbeiter von DSK. Diese haben bei Vernehmungen die Darstellung Banons dementiert.

Hollande, der sich um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat bewirbt, wehrte sich gegen Versuche der konservativen Zeitung Le Figaro, ihn durch eine Fotomontage an der Seite von Banon in den Skandal hineinzuziehen. Er protestierte gegen einen solchen „politischen Manipulationsversuch“. Ganz offensichtlich hat der Skandal in Frankreich Hemmschwellen überwunden. Marianne glaubt, dass auch andere Prominente mit rufschädigenden Gerüchten und ähnlichen „Stinkbomben“ rechnen müssen.

Banons Anwalt, David Koubbi, wollte ursprünglich explizit vermeiden, dass der französische Fall von der US-Justiz „instrumentalisiert“ würde. Nun hat er zusammen mit seinem US-Kollegen Kenneth Thompson, der die guineische Hotelangestellte Nafissatou Diallo vertritt, Staatsanwalt Vance aufgesucht.

Laut Le Parisien plant Thompson, der befürchten muss, dass die Ermittlungen in New York eingestellt werden, für Diallo parallel eine Klage in Paris einzureichen – um so im Gegenzug Banons Anschuldigung gegen DSK mehr Gewicht zu verleihen.