„Krieg gegen Drogen verloren“

JUBILÄUM Palette e. V. bietet seit 25 Jahre psychosoziale Hilfe für Drogenkonsumenten an

■ 64, Chefarzt der Suchtambulanz der Asklepios-Klinik Nord. Er diskutiert bei der Jubiläumsfeier für Palette e. V. mit.

taz: Herr Behrendt, immer mehr Länder lockern ihre Drogenpolitik. Warum wird Cannabis bei uns nicht legalisiert?

Klaus Behrendt: Fragen Sie Frau Merkel! In Deutschland ist aber gewaltig etwas in Bewegung. Der weltweite Krieg gegen Drogen hat verloren und wird auch nicht mehr gewonnen. Auf Dauer werden wir uns den Veränderungen nicht mehr entziehen können.

Was folgt daraus?

In der Legalisierung von Cannabis sehe ich nur Vorteile und fordere deshalb eine Entkriminalisierung der Konsumenten. Die gesundheitlichen Gefahren, die von Alkohol ausgehen, sind weitaus größer als bei Cannabis. Dass aber nur dessen Konsumenten verfolgt werden, ist rechtlich nicht haltbar. Was wir benötigen, ist eine fachliche Qualitätsüberwachung der Substanzen.

Warum?

Beispielsweise wurde 2013 in Leipzig und Umgebung Cannabis vertrieben, das mit Blei verseucht war. Die Konsumenten wissen das natürlich nicht. Weil Cannabis nicht legal ist, muss niemand nachweisen, dass sein Angebot sauber ist. Bei jedem anderen Genussmittel ist das der Fall. Es gibt in Deutschland ja auch keinen vergifteten Alkohol zu kaufen.

Stehen Legalisierung und Suchttherapie nicht im Widerspruch zueinander?

Nein, im Gegenteil: Wenn jemand eine Substanz konsumiert, die legal ist, ergibt sich für ihn eher die Möglichkeit, sich Hilfe zu holen.

Was können Außenstehende tun, um jemandem am Drogenmissbrauch zu hindern?

Wichtig ist, dass man eine klare Position bezieht, in der deutlich wird, dass man das Verhalten nicht gut findet, aber den Konsumenten als Person deshalb nicht ablehnt. Falsch ist eine belehrende, moralisierende oder gar bestrafende Haltung. Wenn jemand Drogen konsumieren will, kann man ihn daran auch nicht hindern.

Wie steht es um die Betreuung Suchtkranker?

In Hamburg ist das spezifische Hilfesystem im bundesweiten Vergleich gut. Für Alkoholkranke ist das Angebot allerdings ausbaufähig. Hier mangelt es allgemein am Finanzierungswillen. Darüber hinaus schließen Privatkassen die Behandlung von Suchtkranken weiter aus. Es gibt für sie kein ambulantes Angebot, das die Krankenkassen bezahlen, sondern nur ein Substitutionsangebot für Drogenabhängige.  INTERVIEW: TGL

Diskussion im Rahmen des Abendprogramms: 19.30 Uhr, St. Georgs Kirchhof 19