Neue Göttinger Erklärung gegen Atomwaffen

Wissenschaftler aus ganz Deutschland fordern weltweite Abrüstung und ein Ende von Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Auch die zivile Nutzung der Atomkraft lehnt das Papier, anders als sein Vorläufer von 1975, scharf ab

Vor 50 Jahren haben sich namhafte Physiker in der „Göttinger Erklärung“ gegen eine Bewaffnung der Bundesrepublik mit Atomwaffen ausgesprochen. Nun haben sich dortige Wissenschaftler erneut mit einem friedenspolitischen Aufruf an die Öffentlichkeit gewandt. Sie fordern in dem gestern verbreiteten Appell weltweite atomare Abrüstung und den Stopp von Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Die durch das Grundgesetz auferlegte Beschränkung der Bundeswehr auf die Landesverteidigung sei in den vergangenen Jahren Stück für Stück aufgehoben worden, kritisieren die Wissenschaftler. Deutschland beteilige sich nun weltweit an Militäreinsätzen und „sogar an Angriffskriegen“. Derzeit stünden fast 10.000 Bundeswehrsoldaten und Sondereinheiten in Auslandseinsätzen.

Diese Einsätze würden mit dem Kampf gegen Terrorismus, humanitärer Hilfe und der Förderung der Demokratie gerechtfertigt. Tatsächlich gehe es dabei jedoch um „Geopolitik“ und die Sicherung des Zugriffs auf Ressourcen. „Wir lehnen Einsätze der Bundeswehr im Ausland unter diesen Vorzeichen ab und fordern die Bundesregierung und den Bundestag auf, diese einzustellen“, heißt es in dem Appell.

Die Erklärung verweist darauf, dass weltweit immer noch über 40.000 Atomsprengköpfe die Menschheit bedrohen. Zudem würden neue Generationen von Atomwaffen gebaut. Atommächte nutzten ihr Monopol, um andere Länder zu erpressen und mit Krieg oder mit atomaren Erstschlägen zu drohen.

Mit der „Göttinger Erklärung“ vom 12. April 1957 hatten sich die Naturwissenschaftler gegen Atomwaffen gewandt, die zivile Anwendung der Atomenergie aber befürwortet. Die Unterzeichner der „Neuen Göttinger Erklärung“ sprechen sich dagegen gegen jegliche Atomkraft aus: „Wir wenden uns heute in Kenntnis der vielfältigen Gefahren und im Bewusstsein der Janusköpfigkeit der Atomtechnologie auch gegen einen weiteren Ausbau der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie“, schreiben die Unterzeichner.

REIMAR PAUL