Schwedischer Kohlehändler

Herr über ein zusammenbrechendes Imperium.“ So charakterisierte kürzlich eine schwedische Wirtschaftszeitung Magnus Hall. Seit dem 1. Oktober ist er Chef von Vattenfall. Hall soll das Steuer des angeschlagenen staatlichen Energiekonzerns herumreißen. Das ist überfällig. Vattenfall hat in den letzten fünf Jahren fast 10 Milliarden Euro abschreiben müssen – das sind rund 200.000 Euro pro Stunde.

Eine Sorge könnte der neue Konzernchef allerdings bald los sein: die deutsche Braunkohle. Die rot-grüne Regierung in Stockholm hat Vattenfall ehrgeizige Klimaziele verordnet, und die will Hall mit einem Verkauf der Braunkohlekraftwerke erreichen. Nach Meldungen vom Dienstag scheint sich da etwas zu bewegen. Der Braunkohleförderer Mibrag und ein asiatisches Konsortium prüfen, ob sie ein Kaufangebot abgeben wollen.

Stellt sich nur noch die Frage, ob da auch ein für Vattenfall akzeptabler Preis herauskommen wird. Den schwedischen SteuerzahlerInnen weitere Verluste erklären zu müssen, dürfte für Hall nämlich keine leichte Aufgabe werden.

Der 55-jährige Hall hat ein technisch-ökonomisches Ingenieursexamen, ist Mitglied der Königlichen Ingenieurswissenschaftsakademie, arbeitete 30 Jahre lang in der Papierbranche und war zuletzt Chef des Holz- und Papierkonzerns Holmen. Nebenbei profilierte er sich auch als Atomkraftbefürworter und war Vorsitzender von Bas-El, einem Konsortium energieintensiver Unternehmen aus der Papier-, Stahl- und Chemiebranche, das Lobbyarbeit für neue schwedische Nuklearstromproduktion betreibt.

Wenn es nach Hall geht, soll Atomstrom auch weiterhin ein Bein sein, auf dem Vattenfall steht. Wobei er einräumt, dass sich diese Produktion möglicherweise in einigen Jahren nicht mehr rechnen könnte. Vattenfalls Zukunft sei „selbstverständlich in erneuerbarer Energie zu sehen“, betont er: „Wir müssen umstellen“, und „natürlich steht dabei die Klimafrage für mich an erster Stelle.“ Klickt man sich im Internet dorthin, wo Hall sich und seinen neuen staatlichen Arbeitgeber vorstellt, tauchen Wörter wie „Kohle“ oder „Kohleenergie“ schon gar nicht mehr auf.REINHARD WOLFF