Polizist: „Ich weiß, dass ich das Richtige getan habe“

REAKTIONEN Proteste an mehr als 170 Orten der USA. Polizist Darren Wilson sagt im Interview, er habe ein reines Gewissen

■ Ein 27-Jähriger hat im US-Staat Colorado mit einer Banane auf zwei Polizisten gezeigt und ist daraufhin festgenommen worden. Die Beamten in der Stadt Grand Junction hätten aus der Distanz geglaubt, es handele sich um eine Pistole, berichtete die Zeitung Grand Junction Daily Sentinel am Dienstag.

■ Sie hätten zwar gesehen, dass das Objekt gelb gewesen sei, aber dennoch Angst um ihre Leben gehabt, hieß es in einer Erklärung der beiden Polizisten aus Mesa County. Einer der beiden schrieb, er habe Handfeuerwaffen schon in allen möglichen Formen und Farben gesehen. (ap)

NEW YORK taz | Am Tag, nachdem ein Teil von Ferguson in Flammen aufgegangen ist, zieht der Schlachtruf „Gerechtigkeit für Michael Brown“ immer weitere Kreise. An mehr als 170 Orten überall in den USA finden Demonstrationen, Brücken- und Tunnelblockaden sowie Sit-ins statt, Tausende gehen auf die Straße. Unter anderem skandieren sie: „Bringt das System zum Stillstand!“ An dem Ort, an dem alles anfing, verlaufen die neuen Proteste friedlicher. Jetzt schieben sich Bürgermeister und Gouverneur gegenseitig die Verantwortung für das Geschehen in der Nacht vom Montag auf Dienstag zu.

„Wir wollen nicht besonders behandelt werden“, fasst ein Demonstrant in New York die Gefühle von Millionen junger Leute zusammen. „Wir sind Amerikaner. Wir haben dieselben Rechte“, sagt Thomas Eybel. Ein Mitdemonstrant erklärt, wie leid er es ist, dass er alle paar Monate wieder gegen die nicht enden wollende Gewalt seitens weißer Polizisten auf die Straße gehen muss.

Nachdem die Grand Jury entschieden hat, dass er sich vor keinem Gericht verantworten muss, ist auch der weiße Mann wiederaufgetaucht, der die Waffe gezogen hat. Der 28-jährige Polizist Darren Wilson, der am 9. August den unbewaffneten schwarzen Teenager Michael Brown in Ferguson erschoss, sagte in einem Interview mit dem Fernsehsender ABC, dass er es wieder tun würde. „Ich habe ein reines Gewissen“, antwortete er, „ich weiß, dass ich das Richtige getan habe.“

Wilson beschrieb in dem Interview auch seine eigene Angst auf der kleinen Straße Canfield Drive in Ferguson. An dem Samstagnachmittag im August hatte dort die fatale Begegnung mit Brown begonnen, als der Polizist den Teenager und einen anderen jungen Mann aufforderte, auf den Bürgersteig zu gehen. Im Fernsehen beschrieb der 1,93 Meter große und kräftig gebaute Wilson, er habe sich bei der Auseinandersetzung mit dem gleich großen Brown gefühlt, wie ein „Fünfjähriger, der mit Hulk Hogan kämpft“.

Rund um Warren war nach seinen tödlichen Schüssen eine Solidaritätsbewegung entstanden, die unter anderem 400.000 Dollar für ihn sammelte. Während er im – bezahlten – Zwangsurlaub war, trugen Kollegen aus seiner Wache bei Einsätzen Armbänder mit der Aufschrift „Ich bin Darren Wilson“. Nach dem TV-Interview sagte Tory Russell, Sprecher der Gruppe „Hands Up United“: „Man sollte einem Fünfjährigen keine Schusswaffe geben.“

Barrikaden der Polizei

In Ferguson warf der Bürgermeister dem Gouverneur von Missouri vor, dass er zu lange gewartet habe, bevor er die Nationalgardisten eingesetzt habe. Am Tag nach den nächtlichen Bränden wurde die militärische Truppe verstärkt, rund 2.200 Soldaten sind laut Gouverneur in der Kleinstadt und Umgebung stationiert.

Anwälte der Brown-Familie und schwarze Bürgerrechtler fochten die Entscheidung der Grand Jury an. Bei einer Pressekonferenz bezeichnete Anwalt Benjamin Crump, der vor den Browns auch schon die Familie des in Florida ermordeten unbewaffneten Teenagers Trayvon Martin verteidigte, die Entscheidung als eine „Verweigerung von Gerechtigkeit“. Der aus New York angereiste Bürgerrechtler Al Sharpton sagte, dass die Entscheidung der Grand Jury von Anfang an vorhersehbar gewesen sei – unter anderem wegen der „symbiotischen Beziehung“ zwischen Staatsanwalt Robert McCulloch und der Polizei. Die Angehörigen von Brown hatten schon im August verlangt, dass die Bundesbehörden die Ermittlungen komplett übernehmen sollten.

Die lokalen und nationalen Proteste werden weitergehen. Unter anderem haben zahlreiche Bürgerrechtsgruppen zu einem Konsumboykott an diesem Freitag aufgerufen. Es ist der Tag nach Thanksgiving, an dem US-Amerikaner traditionell in einen allgemeinen Kaufrausch verfallen. Der Tag trägt traditionell den Namen: „Black Friday“.

DOROTHEA HAHN