Beim Lesen ist alles wie gewohnt

AUSSTAND RedakteurInnen des Weser Kuriers streiken noch bis Sonntagabend für mehr Geld. Der Zeitung selbst sieht man das aber gar nicht weiter an

Die Gewerkschaften fordern vier Prozent mehr Lohn für RedakteurInnen

Der Weser Kurier streikt und keiner merkt es. Heute wird er wie gewohnt erscheinen, morgen und Montag wohl auch. Die Online-Ausgabe ist ebenfalls wie gehabt. Dabei haben die Gewerkschaft Ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) alle RedakteurInnen und VolontärInnen des Weser Kuriers zum Warnstreik aufgerufen. Er begann am Freitag um sieben Uhr und endet Sonntag um Mitternacht.

Rund 25 RedakteurInnen und Verlagsangestellte der Bremer Tageszeitungen AG beteiligten sich gestern Mittag an Aktionen zum achten Warnstreiktag – beim letzten Mal waren es noch doppelt so viele. Die Gewerkschaftsseite spricht dennoch von 60 KollegInnen, die dem Streikaufruf gefolgt seien. Ruth Gebracht vom DJV Bremen führt die gesunkene Beteiligung nur auf die Urlaubszeit zurück. Insgesamt arbeiten laut DJV etwa 80 tarifgebundene Redakteure beim Weser Kurier, die Arbeitgeberseite spricht von rund 120 RedakteurInnen. Allerdings arbeiten die JournalistInnen der Online-Ausgabe und des „Pressedienstes Nord“ zu anderen Konditionen. Die Leiharbeitsfirma etwa zahlt 20 Prozent unter Tarif.

Berichtet hat der Weser Kurier über den hauseigenen Streik bislang nicht. Ver.di und der DJV fordern eine Gehaltserhöhung von vier Prozent, auch für die VolontärInnen. Verlagsangestellte sollen fünf Prozent mehr bekommen. Die Zeitungsverlage hingegen wollen die Löhne von BerufseinsteigerInnen absenken. Die Streikzeitung Leser-Kurier spricht von Verlusten von 32 Prozent. Statt 4.840 betrage die höchste Gehaltsstufe nur noch 4.400 Euro, künftig solle bei 3.800 Euro Schluss sein. Jungredakteure müssten nicht nur vier Urlaubstagen entsagen und 3,5 Wochenstunden mehr arbeiten, sondern auch auf bis zu 600 Euro Gehalt verzichten, sollten sich die Arbeitgeber durchsetzen, so der Leser-Kurier.

In einem sind sich Gewerkschaften und Arbeitgeber einig: Ein Streik kann heute kaum verhindern, dass der Weser Kurier wie gewohnt erscheint. mnz