Blaues Wunder aus dem Wald geholt

NACHTISCH Kulturheidelbeeren erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Sie schmecken nicht nur interessant, sondern gelten auch als sehr gesund. Gezüchtet wurden sie erstmals vor knapp 100 Jahren in den USA

■ Heidelbeerpfannkuchen, empfohlen vom Bund der deutschen Heidelbeeranbauer: Für acht Pfannkuchen braucht man 300 g Heidelbeeren, 250 ml Milch, 125 ml Sahne, drei Eier, eine Prise Salz, einen EL Zucker, ein Päckchen Vanillezucker, zwei EL Rapsöl, 200 g Mehl, Butterschmalz zum Backen, Zucker und Zimt zum Bestäuben

■ Zubereitung: Heidelbeeren kalt abbrausen. Milch, Sahne, Eier, Salz, Zucker, Vanillezucker und Öl glatt schlagen. Das Mehl darübersieben und unterheben. Den Teig 30 Minuten ruhen lassen. Heidelbeeren untermischen. Butterschmalz nicht zu heiß werden lassen. Teig von beiden Seiten goldgelb backen. Zucker und Zimt darüber streuen.

■ Heidelbeerchutney: 750 g Heidelbeeren, 300 g Zwiebeln, 250 g Zucker, 200 ml Rotweinessig, ein TL Salz, ein halber TL schwarzer Pfeffer, ein halber TL gemahlene Senfkörner, anderthalb TL gemahlener Koriander, ein Teelöffel abgeriebene Zitronenschale.

■ Zubereitung: Heidelbeeren kalt abbrausen. Zwiebeln schälen und fein hacken. Beides in einen großen Topf geben. Zucker, Rotweinessig, Pfeffer, Senfkörner, Koriander und Zitronenschale zufügen. Alles gut vermischen. Die Masse bei milder Hitze zum Kochen bringen und unter häufigem Umrühren 45 Minuten köcheln lassen, bis das Chutney eine dickliche Konsistenz hat. Heiß in Twist-off-Gläser füllen und sofort verschließen.

VON DARIJANA HAHN

In den USA wird sie besungen, verehrt und in allen Varianten verarbeitet. Ob als Saft, Konfitüre, Kaugummi oder Kuchen: Die Heidelbeere scheint allgegenwärtig. Was lange nur wild in Wald und Heide zu finden war, wurde in den USA 1916 in gezüchteter Form auf den Markt gebracht. Seit Anfang der 90er-Jahre findet diese Kulturheidelbeere, die im Gegensatz zu ihrer wilden Artgenossin innen nicht blau ist, auch in Deutschland zunehmend Beachtung.

„Der Verzehr wird deutlich mehr“, sagt der Vorsitzende des Bundes deutscher Heidelbeeranbauer, Heiner Husmann. Wenngleich er darauf hinweist, dass die Heidelbeere eine neue Frucht und vielen noch immer unbekannt sei. Während in den USA pro Kopf im Jahr vier Kilo Heidelbeeren verspeist werden, sind es in Deutschland gerade mal 100 Gramm.

Doch laut Husmann werden immer mehr Verbraucher auf die Heidelbeere aufmerksam, nicht nur wegen des aromatischen süß-säuerlichen Geschmacks, sondern vielmehr wegen der zahlreichen Berichte über die gesundheitlichen Wirkungen der bis zu 30 Millimeter großen kugelrunden Beeren. Und die scheinen es einfach sprichwörtlich in sich zu haben.

Es ist vor allem das, was die Heidelbeere charakterisiert, der blaue Farbstoff Anthocyan, der so wirkungsvoll ist. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen die antioxidative Eigenschaft des zu den Gerbstoffen gehörenden Anthocyans: Es fängt die im Körper für Hautalterung und Krebserkrankung verantwortlichen freien Radikale ein, stärkt das Immunsystem stärkt und beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Außerdem kurbelt der Farbstoff den Gehirn- und Zellstoffwechsel so an, dass angeblich die Sehkraft wächst.

Im Mittelalter hat Hildegard von Bingen die vielfältigen Heilwirkungen der Heidelbeere beschrieben – etwa bei Darmerkrankungen und Rachenentzündungen. Heute sind es die USA, aus denen immer wieder neue Forschungsergebnisse kommen. Laut einer aktuellen Studie sollen die Inhaltsstoffe der Heidelbeeren nicht nur positiv fürs Gedächtnis und Gemüt sein, sondern darüber hinaus in der Lage sein, Fett abzubauen.

Und es sind die USA, wo am meisten Heidelbeeren pro Jahr geerntet werden. 2010 waren es 300.000 Tonnen. Immer wieder werden neue Sorten kreiert, also jene Sorten weiterentwickelt, welche die Pflanzenzüchterin Elizabeth Coleman White 1916 in New Jersey erschaffen und nach den jeweiligen Entdeckern der nachgezüchteten Wildbüsche so genannt hat. So hieß die erste Sorte „Rubel“ nach dem Farmarbeiter Rube Leek. Weltmarktführer ist heute die Sorte „Bluecrop“, die auf unterschiedlichen Standorten hohe Erträge liefert.

Ob Kultur- oder Wildheidelbeere – die zwischen 60 Zentimeter und zwei Meter hohen Büsche lieben feuchten, nährstoffarmen, säurehaltigen Boden. Während sich die Kulturheidelbeere den Bemühungen der amerikanischen Pflanzenzüchterin White verdankt, ranken sich um die Wildheidelbeere zahlreiche Mythen und Legenden. Eine Sage aus dem Spessart erzählt, dass während einer Hungersnot um göttlichen Beistand gebetet wurde. Dieser trat prompt ein, indem Mutter Maria aus ihren Rosenkranzperlen Heidelbeeren machte und die blauen Muttergottesbeeren auf dem kargen Boden verstreute. So gibt es mancherorts noch heute den Aberglauben, man dürfe auf den Boden gefallene Heidelbeeren nicht aufheben, um damit die Gottesmutter mild zu stimmen.

Bei aller Verfügbarkeit sind Kulturheidelbeeren in puncto Erlebnisqualität nur zweite Wahl: Wer bei dem Verzehr der Heidelbeeren eine blaue Zunge bekommen und das Aroma der wilden „auf der Heide wachsenden“ Heidelbeere kosten möchte, der kann noch bis September beim Spaziergang durch Wald, Moor und Heide sich seine Portion am Wegesrand pflücken.