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ZUGVÖGEL FALLEN ALS VERBREITER DES H5N1-VIRUS AUSVogelgrippe unerwünscht

In einem Stadtpark werden mit dem hochansteckenden H5N1-Virus infizierte Wildwasservögel gefunden. An anderer Stelle, in einer Hühnerfarm, führt die Infektion des Geflügels mit dem Vogelgrippevirus H5N1 zu vorbeugenden Maßnahmen. Die Hühner der Farm und alle anderen Vögel in der näheren Umgebung werden „gekeult“, 1.250 Tiere insgesamt, wie die „Tagesschau“ weiß. Dazu gibt Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) eine Warnung ab. Das könnte, oberflächlich betrachtet, der Einstieg in eine neue Medienkampagne sein, in deren Verlauf dann das grassierende Vogelgrippevirus die halbe Menschheit bedroht und ganze Städte menschenleer fegt.

Aber nichts dergleichen geschieht zurzeit. Seehofer warnte auch nicht vor der Grippe und ihren Gefahren für die Menschen im Lande, sondern ausdrücklich vor der Panik vor der Grippe. Und im Unterschied zu seinen sonstigen Einlassungen scheint Seehofer in diesem Fall offene Ohren zu finden. Die Medien halten sich an seine Maxime und begleiten die Grippefälle nur mit kleinen Meldungen. Was natürlich auch damit zu tun haben könnte, dass die Vogelgrippe „durch“ ist und man schließlich nicht immer dieselbe Sau durchs selbe Dorf treiben kann. Und es gibt noch einen anderen Grund für das Schweigen der Medien.

Die Vogelgrippefälle haben nämlich eine neue Qualität. Sie treten im Sommer auf, einer Zeit, in der die Zugvögel nicht ziehen. Bisher waren die zyklischen Zu- und Abnahmen der Grippefälle in Asien immer an die Zugvogelzeiten im Herbst und Frühjahr gebunden. Somit fallen Zugvögel als vermeintliche Verbreiter des Virus aus, was den Fall kompliziert. Das Virus, nachweislich in Hühnerfarmen entstanden, schafft den Weg aus den Farmen ins Freie auch hierzulande ohne Zugvögel. Zur Lösung des Problems des Virenaustauschs zwischen Nutz- und Wildvögeln hatte der Hongkonger Virologe Yi Guan bereits 2002 gesagt: „Ich glaube, wir müssen die Farmen abschaffen.“ Darüber laut nachzudenken ist aber in den großen Kampagnenmedien aus ökonomischen Gründen unerwünscht. CORD RIECHELMANN

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