Jubeln, jobben, Jungs aufreißen

Nach der Zeugnisausgabe haben für 320.000 Schüler und Schülerinnen die großen Ferien begonnen. Und was steht für die nächsten sechs Wochen an? Die einen schlafen aus, die anderen haben Stress

Anika F. (7) Werbellinsee-Grundschule Schöneberg: Wir fahren an die Ostsee. Ich freue mich ganz doll aufs Meer. Vorher sind wir zu Hause oder in unserer Laube. Da turne ich viel am Reck. Am liebsten mach ich Kartentricks oder spiele „Mensch ärgere dich nicht“.

Melanie Schuhmacher (18), Amelia-Earhart-Oberschule für Mode und Design: Auf die Ferien freue ich mich nicht so. Mein Papa ist gerade gestorben, und ich sitze jetzt den ganzen Tag rum. Und mein Freund muss arbeiten. Ich würde schon gerne wegfahren, aber leider kann ich es mir nicht leisten. Ich habe gerade meinen Realschulabschluss gemacht. Mit meinem Zeugnis bin ich ganz zufrieden – aber auf meine Englischlehrerin bin ich sauer, weil ich die schlechte Note unfair finde. Ich will jetzt das Fachabi in Medientechnik machen.

Gökhan S. (19), Amelia-Earhart-Oberschule: Ich werde in Berlin chillen und das Scheißwetter genießen. Wegfahren will ich nicht, ich will lieber jeden Tag ausschlafen. Im September mache ich dann mit der 12. Klasse weiter.

Alexandra (14), Carl-Friedrich Zelter-Hauptschule: Auf die Ferien freue ich mich nicht, weil ich die ersten zwei Wochen Stubenarrest kriege. In Erdkunde und Geschichte habe ich nämlich ’ne Fünf auf dem Zeugnis. Das kenne ich aber schon, weil ich schon öfters Tadel nach Hause gebracht habe. Das ist aber voll ungerecht von den Lehrern. Später mache ich mit meinem Vater Radtouren. Der Vater, Verkäufer, erklärt auf telefonische Nachfrage: Stubenarrest? Quatsch. So schlimm ist das Zeugnis doch gar nicht ausgefallen.

Arianik H. (8) gebürtiger Albaner, Fritzlar-Homberg-Grundschule Tiergarten: Ich gehe noch zwei Tage in den Hort. Dann fahre ich mit meiner Mutter und meinem Bruder für drei Wochen in ein Mutterkindheim. Seine Mutter ergänzt: Ich bin sehr erschöpft. Ich arbeite als Dolmetscherin in Krankenhäusern. Die Trennung von meinem Mann ist noch nicht lange her. Das hat die Kinder und mich ziemlich mitgenommen. Dazu kommt der ständige Kampf um das Aufenthaltsrecht. Ich bin elf Jahre hier und habe immer noch keinen unbefristeten Status.

Anne-Marie G. (20), Sophie-Scholl-Oberschule: Ich habe gerade Abi gemacht, mein Durchschnitt ist 2,0. Ab Herbst will ich Wirtschaftsingenieurwesen und BWL studieren. Jetzt muss ich erst mal Geld verdienen. Bei schönem Wetter kann ich im Café am Neuen See jobben.

Burak T. (12) Werbellinsee-Grundschule: Ich fahre nicht weg. Ich gehe oft schwimmen, außerdem spiele ich Fußball im Verein. Vielleicht fahre ich mit meiner Tante und meiner Cousine mal nach Legoland Deutschland. Mein Vater hat in Berlin einen Dönerladen. Meine Mutter ist Lagerarbeiterin. Sonst fahren wir im Sommer meistens in die Türkei. Aber das geht dieses Jahr nicht, weil mein kleiner Bruder krank ist. Die letzte Zeit in der Schule war sehr traurig. Unsere Klasse löst sich auf, weil die Grundschule zu Ende ist. Das erste Klassentreffen ist zum Glück schon fest verabredet: Am 11. November um 17 Uhr.

Swenja M., 16, Friedrich-Bergius Realschule: Saufen, bis ich nicht mehr stehen kann. Ich habe schon sechs Flaschen Bier intus. Wir hatten gerade Abschiedsfeier. Manchmal muss es raus. Die Freude und der Kummer. Kummer, weil einige aus meiner Klasse abgehen. Freude, weil ich wieder mit meinem Freund zusammen bin. Meine Mutter ist Bäckereifachverkäuferin, mein Vater Maler. Die letzten zwei Ferienwochen fahren ich mit meinen Eltern nach Griechenland: schwimmen, braun werden, Jungs kennen lernen …

Fatme Atrissi (17), Carl-Legien-Schule: Ich habe nur den einfachen Hauptschulabschluss geschafft, und jetzt hänge ich noch ein Jahr dran, weil ich den erweiterten will. Auf die Ferien freue ich mich so mittelmäßig. Ich werde sechs lange Wochen in Berlin sein, und mich mit meinen Freunden treffen, hoffentlich im Schwimmbad. Oder im Kino. Meine Eltern wollten, dass ich mit ihnen in den Libanon fliege, aber ich will nicht mit. Ich wohne solange bei meinem Onkel. Toll ist, dass ich in den Ferien achtzehn Jahre alt werde – das gibt ’ne große Party.

Zeki A. (11), Werbellinsee-Grundschule: Ich fahre die letzten zwei Wochen zu meinen Großeltern in die Türkei und vorher mit meiner Mutter an den Brahmsee segeln. Auch in Berlin ist es schön. Hier habe ich meine Freunde und meine Playstation.

Claudi S. (21), Berufsfachschule für Graphikdesign: Ich werde arbeiten. Vor allem abends. Ich habe einen festen Ferienjob in der Cocktailbar Schischa in Mitte. Tagsüber fahre ich mit meinem Freund, der ein Motorboot hat, auf dem Wannsee rum: Gammeln, sich gegenseitig ärgern und ins Wasser schmeißen … Vielleicht fahre ich noch nach London. Ist ein Weibertreff. Das Bild habe ich gerade schnell gemalt. In Zeichnen hab ich ’ne Eins. PROTOKOLLE: PLU, RF