Das Volk sagt gleich dreimal Nein

SCHWEIZ Keine Zustimmung zur Einschränkung der Einwanderung. Die Steuerprivilegien reicher Ausländer bleiben unangetastet. Auch das Schweizer Gold wollte niemand retten

In allen Abstimmungen hat sich doch der gesunde Menschenverstand durchgesetzt

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Die SchweizerInnen haben sich wieder besonnen. Nach ihrer knappen Zustimmung zur „Begrenzung der Masseneinwanderung“ Anfang Februar lehnten die Eidgenossen am Sonntag bei eine Volksabstimmung mit großer Mehrheit die viel weitergehende Ecopop-Initiative ab, die die Zuwanderung auf ein Sechstel der derzeitigen Größenordnung senken wollte. Verworfen wurden auch die Volksinitiativen zur Abschaffung der günstigen Pauschalbesteuerung reicher AusländerInnen sowie zur Erhöhung der Goldbestände der Schweizer Nationalbank.

Gegen die Ecopop-Initiative votierten laut Hochrechnung 74 Prozent der Abstimmenden. Auch in sämtlichen 26 Kantonen stieß die Initiative auf Ablehnung. Für ihre Annahme wäre neben einer landesweiten Mehrheit auch die Mehrheit in mindestens 14 Kantonen erforderlich gewesen. Unter dem Slogan „Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“ verlangte die Initiative, die Begrenzung der Zuwanderung von zuletzt rund 90.000 Personen jährlich ab 2015 auf 0,2 Prozent der Wohnbevölkerung von derzeit rund 8 Millionen Menschen zu begrenzen. Das wären etwa 16.000 Personen pro Jahr. Gegen die Initiative hatten sich die Führungen aller Parteien sowie die Wirtschaftsverbände und die Gewerkschaften ausgesprochen. Anfang Oktober hatten sich bei einer Umfrage noch 53 Prozent für die Initiative ausgesprochen.

Auf die Ablehnung von 60 Prozent stieß nach der letzten Hochrechnung die Initiative „Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre“. Diese sah vor, dass die Pauschalsteuer für reiche AusländerInnen, die in der Schweiz leben, aber nicht arbeiten, abgeschafft wird. Die rund 5.700 Personen werden nicht nach ihrem realen Vermögen und ihren Einkünften steuerlich veranlagt, sondern nach Ausgaben, die sie in der Schweiz für ihren „minimalen Lebensaufwand“ tätigen. Nach diesem Modell zahlt etwa der im Kanton Thurgau ansässige deutsche Formel-1-Rennfahrer Sebastian Vettel jährlich unter einer Million Franken Steuer, während er bei einem Wohnsitz in Deutschland mehr als die Hälfte seiner jährlichen Einkünfte von rund 30 Millionen Euro an den Fiskus abführen müsste. „Diese steuerliche Bevorzugung einzelner Personen verletzt die Rechtsgleichheit und ist daher verfassungswidrig“, hatte die Initiative zur Abschaffung der Pauschalsteuern argumentiert. Sie scheiterte auch in einer Mehrheit der 26 Kantone.

Auf die größte Ablehnung am Sonntag stieß die Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold“. Diese von Abgeordneten der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) lancierte Initiative hatte verlangt, dass die Schweizer Nationalbank künftig mindestens 20 Prozent ihrer Reserven in Gold hält. Der gesamte Goldbestand solle unverkäuflich sein und nicht im Ausland, sondern in der Schweiz lagern. Derzeit besitzt die Nationalbank 1.040 Tonnen Gold im Wert von 39 Milliarden Franken, was 7 Prozent der Bilanz entspricht.