Präsident verspricht Polizeireform

PROTESTE Schicksal verschwundener Studenten weiter unklar

BERLIN taz | Die Anschuldigungen waren gewaltig: versuchter Mord, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Beteiligung an einem Aufruhr warf die Staatsanwaltschaft elf Demonstranten vor, die am 20. November in Mexiko-Stadt festgenommen wurden. Sie hatten gegen das Verschwinden mehrerer Dutzend Lehramtsstudenten im Bundesstaat Guerrero protestiert. Neun Tage später ist von den Vorwürfen nichts mehr geblieben. Am Samstag wurden sie mangels Beweisen freigelassen.

Die landesweite Empörung über das noch immer nicht aufgeklärte Schicksal der verschleppten Studenten ließ Mexikos Behörden vorsichtiger werden. Das Zusammenspiel von Bürgermeister, Polizei und Mafia in Iguala warf ein Schlaglicht auf die gewalttätigen Verhältnisse in Mexiko: An jenem 26. September demonstrierten die Lehramtsstudenten in Iguala, sechs Menschen starben bei den Auseinandersetzungen, 43 weitere sind seither verschwunden. Die Angehörigen glauben nicht den von der Staatsanwaltschaft präsentierten Geständnissen mutmaßlicher Täter, die Lehramtsstudenten getötet zu haben.

Bei einem Besuch in Berlin hat Mexikos Staatssekretär Juan Manuel Gómez Robledo in der vergangenen Woche erklärt, die Demonstrationen in seiner Heimat seien Ausdruck einer funktionierenden Demokratie.

Präsident Peña Nieto hat inzwischen Reformen versprochen: Die korrupten Lokalpolizeien sollen aufgelöst, bundesstaatliche Polizeikräfte gestärkt werden. Folter und Verschwindenlassen würden konsequent verfolgt.

Doch ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht: Erst am Donnerstag fand die Polizei am Straßenrand in Guerrero die verbrannten und enthaupteten Leichen von 11 jungen Männern, offenbar Opfer eines Mafiaverbrechens.

WOLF-DIETER VOGEL