Ein bayerisches Urviech im fernen Osten

PREMIERE Der Fußball-Stammtisch „Waldis-Club“ wird erstmals aus Leipzig gesendet (22.45 Uhr, ARD)

Waldemar Hartmann kennt die Quoten und Kritiken seiner Sendung auswendig

Wenn heute Abend die 49. Bundesliga-Saison mit der Partie des amtierenden Deutschen Meisters Borussia Dortmund gegen den Hamburger SV eröffnet wird, meldet sich auch Waldemar Hartmann mit seiner Sendung „Waldis Club“ wieder zu Wort. Dabei wird die „sportliche Unterhaltungssendung oder unterhaltende Sportsendung, ganz wie man will“ (Hartmann), erstmals aus Leipzig ausgestrahlt; bisher wurde immer aus München gesendet.

„Im Grunde müssen wir nichts ändern“, sagt Hartmann, das lebendig gewordene bayerische Urviech, und betet die Quoten seiner Sendung herunter. Doch Hartmann steht seit Differenzen mit seinem jahrelangen Heimatsender Bayerischer Rundfunk dem Mitteldeutschen Rundfunk näher, moderiert bereits seit zehn Jahren Boxveranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem MDR. Bis auf das Ambiente wird sich also nicht viel ändern. Als Treppenwitz heißt die neue Kulisse auch noch Bayerischer Bahnhof – und liegt direkt am Bayerischen Platz.

Dass die Sendung nun in Leipzig produziert wird, liegt aber vor allem an dem federführenden MDR. Axel Balkausky, Sportkoordinator der ARD, sagt: „Es war mein Wunsch, regelmäßiger Fußballsendungen im Osten zu haben.“ Und auch der MDR, der sich, mangels vorhandener Erstligisten, meist durch die Berichterstattung der Dritten und Vierten Liga auszeichnet, wollte sein Profil gern überregional schärfen. Ein Redakteur habe dann den Bayerischen Bahnhof vorgeschlagen. Etwas überraschend sagt Hartmann: „Die Kneipe kannte ich vorher gar nicht.“ Ansonsten lebt der 63-jährige gebürtige Franke genüsslich seine eigene öffentliche Rezeption aus. Immer wieder bedient er die über ihn existierenden Klischees, am liebsten die des menschelnden Tresenkumpans.

Spätestens zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gelang Hartmann mit dem ähnlichen Konzept „Waldis WM-Club“ der Durchbruch. Seitdem darf er regelmäßig seinen Fußball-Stammtisch in Anschluss an Fußballsendungen in der ARD moderieren. Dabei ist Hartmann auch Geschäftsmann. Zwar lobt er bei der Zusammenarbeit mit dem MDR brav die Trimedialität des Senders („Beim Bayerischen Rundfunk herrschte bei diesem Thema engagiertes Desinteresse.“), betont dann aber doch die einzelnen Kostenentscheidungen: „Ich schaue schon, was der andere mit bietet.“ Zudem verweist er darauf, dass er das alles selbst managt.

Schade findet Hartmann, dass Einstiege zu Texten über ihn meist an der Bar spielen. Überhaupt nimmt er detailliert wahr, was über ihn gesagt und geschrieben wird. Neben den Quoten seiner Sendung kann er ebenso problemlos Kritiken einzelner Feuilletonisten oder Annekdoten seines Lebens zitieren. „Über mich hieß es mal: Der Hartmann weiß alles, sagt nur die Hälfte, und das ist noch immer mehr, als alle anderen wissen. Das kommt mir entgegen. Der Paule etwa erzählt mir oft Sachen, weil er denkt, dass ich sie eh schon weiß.“

So wird die Runde in Leipzig aus alten Weggefährten wie Paul Breitner, Michael Rummenigge oder dem unvermeidlichen Matze Knop bestehen. Dazu kommt der ostdeutsche Schlagersänger Frank Schöbel, bei dem Hartmann zugibt, vergessen zu haben, dass der bei der WM 1974 den Eröffnungssong schmetterte. Nun ist Schöbel „meine Hommage an die neue Stadt“, sagt Hartmann, verneint aber, dass es ab sofort einen ostdeutschen Quotenplatz in der Runde geben wird. Es gebe auch keine derartigen Auflagen des nun federführenden Mitteldeutschen Rundfunks, sagte Hartmann, der erst einmal bis nach der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine aus Leipzig senden wird.

JOHN HENNIG