Der Manager als Theatermann

Seit Montag ist es raus: Oliver Reese wird Nachfolger von Claus Peymann am Berliner Ensemble. Er ist der Inbegriff des Manager-Intendanten. Ende der 90er Jahre begann dieser Typus des Theaterbosses die unangepassten, meinungsstarken Typen zu verdrängen, die wie Fürsten in den Häusern herrschten, gerne im Konflikt mit Stadt und Publikum.

Oliver Reese begann als Dramaturg. Anfang der nuller Jahre war er der intellektuelle Kopf am Deutschen Theater in Berlin und leitete es als Interimsintendant vor der Ankunft von Ulrich Khuon. Seine Kontakte zu so unterschiedlichen Regie-Stars wie Michael Thalheimer und Andreas Kriegenburg nahm er als Intendant ans Schauspiel Frankfurt mit. Auch notorisch unzuverlässige, aber geniale Künstler wie Jürgen Kruse und Andrea Breth ertrug das Frankfurter Haus unter ihm. Das ist keine Selbstverständlichkeit im dicht getakteten, auf Effizienz getrimmten Theater der Gegenwart. Junge Talente wie der eigenwillige Philipp Preuss rundeten Reeses höchst erfolgreiche Werkschau des deutschen Theaterbetriebs ab. Er hat sie alle gehabt und blieb doch selbst unsichtbar und unangreifbar.

Denn, das ist die Schattenseite des Management-Intendanten, Reese steht für nichts. Er grenzt sich bewusst nicht ab. Seine Häuser werden geführt wie eine Firma mit verschiedenen Geschäftsbereichen, jedoch ohne Markenkern. Leander Haußmann hisste einst in Bochum ein rotes Herz als Logo des Schauspielhauses, Lars-Ole Walburg bezog in Hannover Prügel für ein Hüttendorf für Nachwuchsdemonstranten. Solche konfliktreichen Theatererfahrungen bleiben in der Erinnerung – an die Management-Riege mit ihren smarten Spielplänen erinnert man sich dagegen nicht.

Reese ans Berliner Ensemble zu holen, das ist nach der Ära Peymann mit Sicherheit ein Aufbruch. Aber nur 500 Meter entfernt sitzt Ulrich Khuon, der mit einem sehr ähnlichen Portfolio an Künstlern das Deutsche Theater managt. Mit Reese leistet sich Berlin ein fast identisch positioniertes Haus. Und versäumt die große Chance, am Haus von Brecht und Heiner Müller endlich mal wieder einen Rocker zu installieren, einen, der aneckt und kämpft. ALEXANDER KOHLMANN