Weiß

2006 Riesling, Weißwein trocken, Weingut Philipp Kuhn, Pfalz, 6,50 Euro ab Weingut

Was bedeutet eigentlich Tradition im Weinbau? In Zeiten der Globalisierung preist Weinmarketing gern den traditionell gemachten Wein von der heimischen Scholle an. Tradition ist dabei ein Slogan, der mit Technikfeindlichkeit und nostalgischen Reflexen spielt. Im Winzermilieu kann Tradition aber auch bedeuten, dass alles so gemacht wird, wie es immer schon gemacht wurde. Hier versteht sich Tradition als reine Quelle, deren Ursprung man gar nicht mehr kennt, geschweige denn in Frage stellt.

Als Philipp Kuhn 1993 das Weingut seiner Eltern übernahm, muss er gespürt haben, dass es ein Problem mit der Tradition gab. Jedenfalls wollte er nicht so weitermachen. Er war damals 21 und seine alten Kumpels vom Gymnasium sagten: „Wieso tust du dir das überhaupt an?“ Anfang der Neunziger war das Image des deutschen Weins im Keller. Heute finden sie es romantisch und ganz toll, dass er in Laumersheim geblieben ist und nicht Korkvertreter, sondern Winzer wurde. Kuhn besitzt heute eines der interessantesten Weingüter in der nördlichen Pfalz.

Als er den Betrieb übernahm, waren 90 Prozent der erzeugten Weine halbtrockene und süße Weißweine. Die liebliche Traminer Spätlese war bei der damaligen Kundschaft äußerst beliebt, billige Weine in Literflaschen auch. Die ewige Wiederkehr des Gleichen lähmte viele Weingüter und hatte das Image deutscher Weine gründlich beschädigt. Das Überlieferte, das, was man Tradition nannte, war ausgehöhlt. Philipp Kuhn hat das infrage gestellt und wieder Gegenwart hergestellt, in dem er eine Idee hatte von der Zukunft. Inzwischen hat er die Rebfläche von 8 auf 18,5 Hektar erweitert und andere Reben gepflanzt. Er erzeugt heute einige der besten trockenen Rieslinge der Pfalz. Seine Rotweine sind vielschichtig strukturierte Gewächse, die mit zur deutschen Spitze gehören.

Philipp Kuhn hat mit dem Trott gebrochen, um das Weingut wirtschaftlich weiterentwickeln zu können. Dazu musste er den Betrieb vollkommen neu ausrichten. Heute hat er eine andere Kundschaft als 1993, eine, die seine Weine versteht und den Richtungswechsel unterstützt. Er setzt auf Mund-zu-Mund-Propaganda, hat keine Website, und trotzdem ist der aktuelle Jahrgang 2006 fast verkauft. Er gehört zu einer neuen Winzergeneration, die lässig und zugleich kompromisslos „ihr Ding“ macht. Sie vermarktet den Wein ohne Weinköniginnen oder andere Peinlichkeiten. Bei Kuhn kann man auch die einfachen Basisweine trinken, wie der trockene Riesling zeigt. Er entwickelt im Mund eine wunderbare Leichtfüßigkeit mit fein proportionierter geschmacklicher Konzentration. Das wirkt auf der Zunge sanft und schmeichelnd, zugleich ist eine angenehme Frische zu spüren. Ein freundlicher Wein, der dabei nicht allzu brav ist, sondern ausreichend Vitalität und Schwung hat.

Bezug: Sechserkarton für 46,10 Euro inkl. Porto und Versand; der Zwölferkarton für 86,50 Euro. Weingut Philipp Kuhn, Großkarlbacher Straße 20, 67229 Laumersheim, Fax: (0 62 38) 46 02, Fon (0 62 38) 6 56, E-Mail: weingut-philipp-kuhn@gmx.de