THEATER

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Das Theater ist gemeinhin ein friedlicher Ort. Man sinkt in fremde Welten. Oder in den Theaterschlaf. Auf der Bühne wird zwar gelegentlich gemordet. Doch solcherlei Gemetzel überlebt der Zuschauer mit links. Diese strukturelle Harmlosigkeit hat die darstellende Kunst schon immer gewurmt. In ihre Zivilisationsgeschichte ist aber auch die Hoffnung eingeschrieben, dass der mörderische Trieb des Menschen gebändigt werden kann, wenn Schauspieler – sozusagen stellvertretend für ihn – auf der Bühne morden. Nun müssen wir uns in der Welt nur ein bisschen umsehen, um zu erkennen: viel hat das Theater hier trotz aller Kunstanstrengung bisher nicht ausrichten können. Nichtsdestotrotz gehen die diesbezüglichen Bemühungen weiter. Zum Beispiel im HAU. Unter der Überschrift „Waffenlounge“ wird hier nun in den kommenden vier Wochen, also mitten in der Weihnachtszeit, ein kleines Theaterthemenbündel zum Thema Krieg und Waffen präsentiert. Unterschiedliche Theaterformate untersuchen dabei neue Kriegstechnologien und folgen den verschlungenen Wegen des internationalen Waffenhandels. Den Auftakt bestreitet Dokumentartheatermacher Hans -Werner Kroesinger mit seinem Rechercheprojekt zur europäischen Rüstungs- und Sicherheitsindustrie „Exporting War“. Es geht, so verspricht es zumindest die Vorankündigung, um den Waffenhandel und die Frage, inwieweit er Konflikte entscheiden oder verursachen kann, Kriege anheizt oder beendet (HAU1: „Exporting War“ 3., 4., 8., 9. und 10. 12., 20 Uhr).

Ein Friede auf Erden herrscht auch bei „Die Brüder Karamasow“, dem letzten Roman des russischen Schriftstellers Fjodor Dostojewski. Das ausufernde Werk entstand zwischen 1878 und 1880 und es geht um die Unbeherrschbarkeit des Lebens, um Vatermord, Herrschaft, Knechtschaft und Religion. Der Regisseur Thorsten Lensing kommt nur alle paar Jahre aus der Versenkung hervor, um dann stets ein solitäres wie hochkarätiges Theaterprojekt zu präsentieren: diesmal in den Sophiensælen „Karamasow“, eine Theateradaption des berühmten Buchs. Mit von der Partie, eine 1a-Riege von Schauspielern, darunter Devid Striesow, Ursina Lardi, André Jung und Ernst Stötzner (Sophiensæle, 4., 6., & 7. 12., jeweils 19. 30 Uhr).

Mehr Wahn als Glaube war auch das Religionsverständnis des Sektenführers Jim Jones, der 1978 in den USA Menschen dazu brachte, gemeinsam Suizid zu begehen. Im Ballhaus Ost nimmt sich der Abend „#23 I believe in Jim Jones“ noch einmal dieser Geschichte und der damit verbundenen Fragen an (Ballhaus Ost: #23 I believe in Jim Jones, 4., 5., 6. & 7. 12. jeweils 20 Uhr).