MUSIK

hört auf den Sound der Stadt

MALTE GÖBEL

Weihnachten naht! Überall ist es besinnlich, klassisch, feierlich. Chöre und Orchester putzen sich fein heraus, andächtig lauscht überall das Publikum. Überall? Nicht ganz! Es gibt in der kommenden Woche noch ein paar Konzertveranstaltungen ohne Weihnachtslied, ohne Zwangsandacht – dafür laut und tanzbar.

Den Auftakt macht am Donnerstag La Roux im Astra: Vor fünf Jahren war Elly Jackson die ungekrönte Synth-Pop-Queen, überall dudelten ihre 80er-Pop-Hits „Quicksand“, „In for the Kill“ und „Bulletproof“. Im Anschluss wurde es allerdings erst mal still um die britische Sängerin, sie litt unter Panikattacken und Stimmverlust – und die Zusammenarbeit mit Ben Langmaid zerbrach. Im Juli 2014 kam ihr zweites Album, „Trouble in Paradise“, das musikalisch den Stil des selbst betitelten Erstlings fortsetzt, vielleicht etwas mehr funky ist. Die Single „Uptight Downtown“ konnte sich noch nicht so festspielen wie die Songs von vor fünf Jahren, aber live dürfte der Funke trotzdem überspringen (4. 12., 20 Uhr, Astra, Revaler Str. 99).

Auch Freitag heißt es: ins Astra. Seit ein paar Jahren hat die israelisch-ukrainisch-amerikanische Band Gogol Bordello ihren eh schon sehr tanzbaren Roma-Musik-inspirierten Folk-Punk mit Latino-Elementen angereichert. „Viele Leute suchen nach Schubladen, um Sachen einzuteilen“, sagt Bandleader Eugene Hütz. „Ich will genau das Gegenteil tun. Kultur ist eine sinnvolle Maske, aber sie ist eben eine Maske.“ Das aktuelle Album (von 2013) heißt „Pura Vida Conspiracy“ – was an sich schon eine abgefahrene Vorstellung ist, die Verschwörung des vollen Lebens? Da machen wir gern mit! (5. 12. 20 Uhr, Astra, Revaler Str. 99)

Schließlich Sonntag in der Columbiahalle: Der Ohrwurm „Alors on danse“ von Stromae ist auch schon fünf Jahre alt, 2010 war es der erste französischsprachige Nummer-Eins-Hit in Deutschland seit „Ella, elle l’a“ (1988). Die anderen Songs des schlaksigen Ruanda-Belgiers sind in Deutschland nicht ganz so bekannt geworden, obwohl auch sie es wert wären: „Formidable“ ist mit fast 100 Millionen Klicks ein Youtube-Hit. „Papaoutai“ ist nicht nur geradezu zwingend tanzbar, sondern auch eine Auseinandersetzung mit der Abwesenheit von Stromaes Vater, der im ruandischen Bürgerkrieg ums Leben kam. „Tous Les Mêmes“ thematisiert manipulative Beziehungen und männlichen Machismo, im ziemlich genialen Video spielt Stromae selbst mit Geschlechterrollen, ist mal Frau, mal Mann. Und russische Kommentare unter dem Clip auf Youtube bezichtigen ihn der Homo-Propaganda. Umso mehr Spaß macht es, sich von Stromae mitreißen zu lassen (7. 12., 20 Uhr, Columbiahalle, Columbiadamm 13–21).