Der Wahlkampf hat schon begonnen

ISRAEL Das Parlament stimmt in erster Lesung für seine Auflösung. Gewählt wird vermutlich am 17. März. Für frischen Wind sorgt Exminister Mosche Kachalon, der mit einer neuen Partei antritt

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Der Termin für die vorgezogenen Neuwahlen steht erst vorläufig fest, und schon preschen Israels Spitzenpolitiker mit Macht in den Wahlkampf. Justizministerin Zipi Livni (Die Bewegung) schimpfte Regierungschef Benjamin Netanjahu einen Lügner. „Hinter dem hysterischen Gemurmel steckt ein Ministerpräsident, der Angst hat“, ließ die geschasste Politikerin ihrer Wut freien Lauf.

Netanjahu hatte Livni und Finanzminister Jair Lapid (Zukunftspartei) am Dienstagabend entlassen, weil sie gegen ihn intrigiert und einen „Putsch“ geplant hätten. Am Mittwoch stimmte das Parlament in erster Lesung für seine Auflösung. Als Termin für die vorgezogenen Neuwahlen ist der 17. März im Gespräch.

Netanjahu hofft auf eine vierte Amtszeit. Dafür spricht, dass die Opposition nicht mit charismatischen Kandidaten aufwarten kann, dagegen die Bilanz seiner Amtszeit. Netanjahu versprach Stabilität, doch es gelang ihm nicht, die Koalition zusammenzuhalten. Netanjahu versprach, den Atomstaat Iran zu verhindern, doch bei den Verhandlungen spielt Israel keine Rolle. Im Sommer gab es den ersten Krieg unter Netanjahus Regierungsführung, ohne Lösung und ohne langfristige Befriedung des Gazastreifens. Dazu kommen die Unruhen in Jerusalem.

„Wir stehen am Ende von sechs schlechten Jahren mit Benjamin Netanjahu“, kommentierte Yizhak Herzog, Chef der Arbeitspartei, die vorgezogenen Neuwahlen. Der Oppositionsführer gibt sich zuversichtlich, die Regierung abzulösen. „Wir werden eine große zionistische Front führen, um die politische Landschaft zu verändern und siegreich bei den Wahlen zu sein“, meinte Herzog und ignorierte dabei, dass die Arbeitspartei rund ein Drittel der Mitglieder verloren hat, seit er den Parteivorsitz übernahm.

Frischen Wind bringt der frühere Kommunikationsminister Mosche Kachalon. Kachalon gehörte einst zum Likud und will bei den Wahlen mit einer eigenen, noch namenlosen Partei antreten. Schon jetzt geben Umfragen dem charismatischen Sohn eines libyschen Immigranten zwischen zehn und zwölf Mandate. Kachalon will die Lebenshaltungskosten drücken. Dass er das kann, bewies er, als er das Monopol von Mobiltelefonen knackte. Der neue Wettbewerb schlug sich für die Verbraucher sofort drastisch in den monatlichen Abrechnungen nieder.