SPD straft Wiederholungstäter CDU ab

Die SPD kritisiert Friedbert Pflügers populistische Parolen gegen den Umzug einer Straftäterberatung. Statt Widerstände zu wecken, sollte die CDU aufklärerisch wirken. Doch das hat die Partei, wenn es um Einrichtungen dieser Art ging, noch nie getan

VON PLUTONIA PLARRE

SPD und CDU streiten über korrekten politischen Stil. Auslöser ist der geplante Teilumzug einer Einrichtung für die Resozialisierung von Straftätern von Pankow nach Neukölln. In Wirklichkeit geht es aber um viel mehr. „Wir wollen hier keine Straftäter haben“, hatte CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger am Donnerstagabend auf einer Bürgerveranstaltung in Neukölln gewettert. Der rechtspolitische Sprecher der SPD, Fritz Felgentreu, kontert nun mit scharfen Worten: „Auch die Konservativen haben die Pflicht, aufklärerisch zu wirken, statt mit populistischen Parolen Ängste bei der Bevölkerung zu schüren, um daraus politisches Kapital zu schlagen.“ Er meint damit nicht nur Pflügers Auftritt.

Denn geht es um die Ansiedlung von Therapieeinrichtungen für Straftäter, dann verhält sich die CDU stets populistisch. Einige Beispiele dafür: In Lankwitz gehen die Anwohner zurzeit gegen ein geplantes Wohnprojekt für psychisch Kranke auf die Barrikaden. Die CDU, in Person des Parlamentsabgeordneten Oliver Friederici, mischt dabei kräftig mit. Auch bei der ambulanten Betreuungsstelle für Sexual- und Gewalttäter nahe der Männerhaftanstalt Tegel war es so. Damals polemisierte der CDU-Abgeordnete Andreas Gram unter dem Applaus von Anwohnern im Parlament mit Worten wie diesen: „Wir in Reinickendorf haben das Gefühl, dass wir zum Verschiebebahnhof für Gestörte werden.“ Die Ambulanz wurde 2006 trotzdem eröffnet. Sie arbeitet geräuschlos.

Dass bis heute kein Kind in der Nachbarschaft sexuell missbraucht oder eine Anwohnerin vergewaltigt worden ist, deckt sich mit der Erfahrung von Sicherheitsexperten. In der Umgebung von Strafanstalten und Resozialisierungseinrichtungen ist das Aufkommen von Straftaten nicht höher als anderswo. Genau genommen sogar niedriger, weil die Polizei nach eigenen Angaben ein Augenmerk auf diese Einrichtungen hat.

Diese Form des Protests findet sich auch im Ostteil der Stadt. In Lichtenberg wehrt sich eine Anwohnerinitiative gegen den zeitweiligen Umzug der Freigängeranstalt Düppel, frei nach dem englischen Motto: „Not in my backyard“ – nicht in meinem Vorgarten. In Deutschland ist es besser bekannt als das St.-Florians-Prinzip: „Sankt Florian, verschon mein Haus, brenn lieber das des Nachbarn aus.“

Auf der Neuköllner Bürgerversammlung am Donnerstag hörte sich das aus dem Mund von Friedbert Pflüger so an: „Der Norden von Neukölln hat mit Migration und Kriminalität genug Probleme, wir brauchen nicht noch eines.“ Und: „Diese Leute sind zur Bewährung entlassen. Aber wir haben schon oft genug erlebt, dass die Justiz Fehler gemacht hat.“ Ein Vertreter der Justizverwaltung, laut dem von der Einrichtung keine Gefahr ausgeht, wurde von den Anwohnern niedergebrüllt.

Die Bürger zu informieren sei gut und richtig, sagt SPD-Politiker Felgentreu. Er gibt zu, dass die Informationspolitik der zuständigen Senatsverwaltungen im diesem Fall nicht optimal gelaufen sei. Felgentreu wirft der CDU aber vor, dass sie bei den Bürgern mit Veranstaltungen wie der am Donnerstag unnötige Widerstände aufbaue, statt aufklärerisch zu wirken. „Dabei leisten Einrichtungen wie die Bewährungshilfe doch einen effektiven Beitrag zur Verbesserung der inneren Sicherheit.“

Die Sprecherin der Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD), Barbara Helten, bedauert, dass das Thema Resozialisierung den Bürgern egal ist, wenn sie nicht persönlich betroffen seien. Schließlich handele es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Wir können und wollen die Entlassenen doch nicht in den Keller sperren.“